Pressekonferenzen

  • Pressekonferenz 2021

    Düsseldorf 16.3.2021

    Der AAD-Kongress 2021 verbindet das bewährte, umfangreiche Themenangebot mit neu entwickelten, kompakteren Kursstrukturen.
    Die digitale Fortbildungstagung umfasst mehr als 200 Kurse und Vorlesungen für Fachärzte und Weiterbildungsassistenten sowie Fortbildungen für augenärztliches Assistenzpersonal.

    Die digitale Pressemappe gibt einen Einblick in ausgewählte Themen der Tagung.


    Berufsverband der Augenärzte Deutschlands
    Pressereferat
    Tersteegenstr. 12
    40474 Düsseldorf
    Telefon: 0221 4303700
    E-Mail: pressekontakt@augeninfo.de

    AAD 2021 online
    AAD-Kongress in bewährter Themenbreite und innovativer Struktur

    Digitale Fortbildungstagung vom 17. bis 20. März

    Düsseldorf 16.03.2021 – AAD-Kongress 2021 online: Die Augenärztliche Akademie Deutschland ist vorübergehend in den virtuellen Raum umgezogen. Wegen der COVID-19 Pandemie ist eine Präsenzveranstaltung nicht möglich; stattdessen findet von Mittwoch, 17. März, bis Samstag, 20. März, eine digitale Fortbildungsveranstaltung statt. 

    Der AAD-Kongress 2021 verbindet das bewährte, umfangreiche Themenangebot mit neu entwickelten, kompakteren Kursstrukturen. Die digitale Fortbildungstagung umfasst mehr als 200 Kurse und Vorlesungen für Fachärzte und Weiterbildungsassistenten sowie Fortbildungen für augenärztliches Assistenzpersonal.

    Langfristige Auswirkungen auf die augenärztliche Versorgung
    Die digitale Pressemappe gibt einen Einblick in ausgewählte Themen der Tagung. Auch in den schwierigen Zeiten der Pandemie haben die Augenärzte in Deutschland die ophthalmologische Regelversorgung aufrecht erhalten, das betont Dr. Peter Heinz, der erste Vorsitzende des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands (BVA) der gemeinsam mit der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) den AAD-Kongress veranstaltet. COVID 19 wird auch langfristig gravierende Auswirkungen auf die augenärztliche Versorgung haben, die heute noch kaum abzusehen sind.

    Epiretinale Gliose: Besseres Verständnis dank innovativer Bildgebung
    Das Bestreben der Augenheilkunde, Augenkrankheiten früh zu erkennen, sie wirksam zu behandeln und das Augenlicht der Patienten zu erhalten, bleibt davon unberührt. Beispielsweise gehört die epiretinale Gliose zu den Augenkrankheiten, die mit zunehmendem Alter häufiger werden. Moderne Bildgebungsverfahren haben das Verständnis der krankhaften Prozesse erheblich erweitert, berichtet Prof. Dr. Ricarda G. Schumann, München. Minimalinvasive chirurgische Verfahren bieten heute die Aussicht auf eine Stabilisierung oder sogar Verbesserung des Sehvermögens bei dieser Krankheit.

    Neue Therapieoptionen bei endokriner Orbitopathie
    Eine schwere Belastung stellt die endokrine Orbitopathie für die betroffenen Patienten dar. Entzündungen und Schwellungen in der Augenhöhle – meist im Zusammenhang mit einer Schilddrüsenerkrankung – verursachen Schmerzen, bedrohen das Sehvermögen und verändern das Aussehen der Patienten. Prof. Dr. Anja Eckstein, Essen, gibt einen Einblick in neue Therapieoptionen, die dazu beitragen können, dass sich die Lebensqualität der Patienten deutlich verbessert.

    Therapie des Glaukoms jenseits der Senkung des Augeninnendrucks
    Prof. Dr. Verena Prokosch-Willing, Köln, erläutert neue Erkenntnisse zum Glaukom (Grüner Star). Bisher steht bei der Glaukom-Therapie die Senkung des Augeninnendrucks im Vordergrund. Moderne Behandlungsansätze zielen nun auf den Schutz des Sehnervs ab. Mit einer Gentherapie scheint sogar eine Regeneration des Sehnervs möglich; entsprechende Hinweise geben Forschungen an Tiermodellen.

    Liderkrankungen betreffen oft auch die Hornhaut des Auges
    Erkrankungen der Augenlider haben häufig Auswirkungen auf die gesamte Augenoberfläche, insbesondere auf die Hornhaut des Auges. Dieses komplexe System hat Prof. Dr. Elisabeth M. Messmer, München, im Blick. Die Behandlung kann je nach Krankheit viel Geduld erfordern. 

    Pressemappe:


    Augenheilkunde in schwierigen Zeiten
    Langfristige Auswirkungen der Pandemie nicht absehbar

    COVID 19 – dieses Thema würden die meisten Menschen gerne schnell abhaken und doch kommt auf absehbare Zeit niemand daran vorbei. Ebenso wenig wie die langfristigen Auswirkungen auf die Gesundheit der betroffenen Patienten abschließend beurteilt werden können, lassen sich heute die Auswirkungen auf das Gesundheitswesen einschätzen. Eindeutig ist nur: Sie sind gravierend. Aus Sicht der niedergelassenen Augenärzte lässt sich heute dazu sagen:

    1.
    Die Fallzahlen, die im Frühjahr 2020 dramatisch einstürzten – bayerische Augenärzte beispielsweise hatten im ersten Halbjahr 2020 einen Rückgang der Fallzahlen von 15 Prozent verglichen mit dem Vorjahr – werden das Niveau der Vor-Corona-Zeit noch lange nicht wieder erreichen.

    2.
    Mit einer enormen Kraftanstrengung ist es Augenärztinnen und Augenärzten mit ihren Praxisteams gelungen, die ophthalmologische Regelversorgung aufrecht zu erhalten – trotz des anfangs gravierenden Mangels an Schutzausrüstung. 

    3.
    Der Aufwand für die Behandlung jedes einzelnen Patienten ist enorm gestiegen. Alleine die Mehrkosten und der organisatorische Mehraufwand für zusätzliche Hygienemaßnahmen sind erheblich. Die gesetzlichen Krankenkassen erkennen diese Kosten jedoch bis heute nicht an.

    4.
    Neue Wege der Patientenbetreuung werden erprobt – von der ausführlichen telefonischen Beratung bis hin zur Videokonsultation. Gerade in der Augenheilkunde zeigt sich aber immer wieder, dass die Telemedizin ihre Grenzen hat und die persönliche Untersuchung in der Augenarztpraxis dann oft doch zwingend notwendig ist.

    5.
    COVID 19 hat nichts daran geändert, das der Bedarf an augenärztlichen Leistungen groß ist und weiter steigt. Augenkrankheiten wie das Glaukom (Grüner Star), die Katarakt (Grauer Star) und die Altersabhängige Makuladegeneration (AMD) und nicht zuletzt die Kontrollen beim Vorliegen diabetischer Netzhautschädigungen betrifft ältere Menschen besonders häufig. Diese Patienten, die bei einer Ansteckung mit COVID 19 ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben, scheuten sich im vergangenen Jahr, dringend notwendige Kontrolluntersuchungen wahrzunehmen. Damit birgt die Pandemie auch das Risiko, dass Patienten einen vermeidbaren dauerhaften Sehverlust erleiden.

    6.
    Augenärzte und ihre Mitarbeiter müssen den Patienten für die Augenuntersuchungen nahe kommen. Sie haben mit viel Kreativität und Aufwand die Untersuchungsplätze so umgestaltet, dass das Infektionsrisiko so weit wie möglich reduziert wird, sie tragen Schutzausrüstung und halten sich konsequent an Hygieneregeln. Und doch bleibt eine erhöhte Infektionsgefahr für die Untersuchenden. Die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Instituts (RKI) urteilte daher, dass das medizinische Personal in Augen- und HNO-Praxen wegen „aerosolgenierenden oder gesichtsnahen Tätigkeiten“ in der Priorisierung unmittelbar nach hochbetagten Personen und intensivmedizinisch tätigen Ärztinnen und Ärzten einzustufen sei (1).

    7.
    Trotz dieser Gefahr sind Augenärzte in vielen Bundesländern in der Priorisierung für Impfungen zunächst nach hinten gerutscht. Der Berufsverband der Augenärzte fordert, dass die Gesundheitspolitik ihrem erhöhten Risiko Rechnung trägt und ihnen so rasch wie möglich die Impfung ermöglicht.

    8.
    Der finanzielle Schutzschirm, mit dem die Bundesregierung nicht nur Krankenhäuser, sondern auch die ambulante medizinische Versorgung sicherte, ist für den ambulanten Bereich zum 31.12.2020 ausgelaufen. Obwohl die Kassenärztliche Bundesvereinigung, der Spitzenverband der Fachärzte Deutschlands und auch Berufsverband der Augenärzte wie viele andere ärztliche Verbände gefordert hatte, dass die Regelung verlängert wird, wurde lediglich eine Mogelpackung als „Schutzschirm“ von der Politik verabschiedet. Letzten Endes sollen die Ärzte ihren Schutzschirm nämlich selbst bezahlen. Das zeugt nicht von Anerkennung unserer Leistungen, die wir im Rahmen dieser Pandemie für die gesamte Gesellschaft erbracht haben und erbringen.

    9.
    Wie der Rest der Gesellschaft ist auch der BVA in Pandemie notgedrungen „digitaler“ geworden: Nicht nur die Augenärztliche Akademie findet online statt. Qualitätszirkel, regionale und überregionale Gremien treffen sich bei Videokonferenzen, Seminare und Prüfungen laufen online. Vieles davon bewährt sich und wird auch in der Corona-freien Zukunft erhalten bleiben.

    10.
    Die berufspolitische Arbeit des BVA beschränkt sich bei weitem aber nicht nur auf COVID 19. Ob die übereilte Einführung der Telematikinfrastruktur, die geplante Änderung der Approbationsordnung, die geforderte Neubewertung des operativen Kapitels im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) oder die neue Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), die mit so vielen Mängeln behaftet ist, dass die Augenärzte nur hoffen können, dass die alte GOÄ noch lange in Kraft bleibt: Das deutsche Gesundheitswesen umfasst zahlreiche Herausforderungen für die niedergelassenen Augenärzte.

    Dr. Peter Heinz
    1. Vorsitzender des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands e.V.

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    1. Vygen-Bonnet S, Koch J, Bogdan C, Harder T, Heininger U, Kling K, Littmann M, Meerpohl J, Meyer H, Mertens T, Schmid-Küpke N, Scholz S, Terhardt M, Treskova-Schwarzbach M, Überla K, van der Sande M, Wichmann O, Wicker S, Wiedermann U, Wild V, von Kries R: Beschluss der STIKO zur 1. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung und die dazugehörige wissenschaftliche Begründung, Epid Bull 2021;2:64 -132 | DOI 10.25646/7820

    Epiretinale Gliose
    Wenn Membranen an der Netzhaut ziehen

    Die Sehschärfe nimmt ab, gerade Linien erscheinen verzerrt: Diese Symptome sind typisch für verschiedene Erkrankungen der Netzhaut, die die Makula, die Stelle des schärfsten Sehens betreffen. Zu ihnen gehört die epiretinale Gliose, eine Krankheit, die mit zunehmendem Alter häufiger auftritt und die Patienten je nach Ausprägung sehr belasten kann. Die moderne bildgebende Diagnostik der Netzhaut hat in den vergangenen Jahren das Wissen über diese Krankheit enorm erweitert und individuell abgestimmte Therapieentscheidungen ermöglicht.

    Der Name „epiretinale Gliose“ verbindet griechische und lateinische Begriffe: „Epi“ ist die griechische Vorsilbe „auf“, das lateinische „rete“ bedeutet „Netz“, das griechische „glia“ „Leim“. Bei der epiretinalen Gliose bildet sich eine Membran, die an einigen Stellen an der Netzhaut klebt und auf sie Zug ausüben kann. Sie entsteht häufig durch altersbedingte Veränderungen des Glaskörpers im Auge, sie kann aber auch die Folge anderer Krankheiten der Netzhaut oder des Glaskörpers sein. Dazu gehören etwa die diabetische Retinopathie, der retinale Venenverschluss oder entzündliche Netzhauterkrankungen.

    Alterung des Glaskörpers

    Der Glaskörper (Corpus vitreum) ist eine klare, gelartige Masse, die den größten Teil der Augenhöhle ausfüllt. Er besteht zum größten Teil aus Wasser, darin befinden sich Salze, Kollagenfasern und weitere Stoffe, beispielsweise Hyaluronsäure. Im Alter von etwa 40 Jahren setzt bei den meisten Menschen die normale Alterung des Glaskörpers ein: Der Glaskörper verflüssigt sich durch eine Zunahme von Hyaluronsäure und einer Abnahme von Kollagen. Gleichzeitig wird die innere Grenzmembran (internal limiting membrane, ILM), die den Glaskörper zur Netzhaut hin abschließt, dicker. Schließlich nimmt der Gehalt des Bindungsproteins Laminin ab. Die Folge ist, dass sich der Glaskörper im hinteren Bereich des Auges nach und nach von der Netzhautoberfläche ablöst, so dass er schließlich keinen Kontakt mehr zur Netzhautmitte hat.

    Krankhafte Membran

    Nicht immer gelingt die völlige Ablösung des Glaskörpers. Wenn Stellen erhalten bleiben, an denen er an der Netzhaut haftet, können Zugwirkungen entstehen, sogenannte Traktionen. Sie fördern das Wachstum mehrschichtiger Membranen. Bei der epiretinalen Gliose kommt es häufig zusätzlich zu einer Spaltung der hinteren Glaskörperrinde parallel zur Netzhautoberfläche. So verbleiben Kollagen- und andere Zellen an der ILM. Sie begünstigen die Bildung der epiretinalen Membranen zusätzlich. Diese Membran kann erheblichen Zug auf die Netzhaut ausüben. Diese kann dann Falten bilden oder sich sogar von den darunterliegenden Schichten abheben.

    Die wichtigsten Symptome

    Zunächst ruft die epiretinale Gliose keine Symptome hervor. Wenn sie fortschreitet, erleben die Betroffenen eine allmähliche Abnahme der Sehschärfe. Zusätzlich können Metamorphopsien auftreten: Gerade Linien erscheinen krumm. Das beidäugige Sehen kann dadurch stark beeinträchtigt werden. Die Patienten empfinden subjektiv sehr unterschiedliche Beschwerden – manche nehmen fast gar keine Sehminderung war, andere fühlen sich in ihrem täglichen Leben erheblich beeinträchtigt.

    Untersuchungen beim Augenarzt

    In der Augenarztpraxis werden beide Augen des Patienten gründlich untersucht. Zunächst wird der bestkorrigierte Visus festgestellt und es erfolgt eine Prüfung auf Metamorphopsien, zum Beispiel anhand des Amsler-Tests. Zudem werden die Pupillen mit Hilfe von Augentropfen erweitert und es erfolgt eine stereoskopische Ophthalmoskopie. Bei dieser Methode der Augenspiegelung gewinnt der Augenarzt/die Augenärztin ein dreidimensionales Bild der Netzhaut.

    Multimodale Bildgebung

    Eine große Bedeutung haben bildgebende Verfahren, um eine epiretinale Gliose zu diagnostizieren und Entscheidungen über eine eventuelle Behandlung zu treffen. Die Makula wird mittels SD-OCT (spectral Domain Optical Coherence Tomography) untersucht. Zusätzliche Erkenntnisse können weitere Untersuchungsmethoden bieten: konfokale Scanning Laser Ophthalmoskopie (SLO) mit Infrarot-Darstellung oder Multicolordarstellung und schließlich die Fundusautofluoreszenz. Fotografien des Augenhintergrundes sind zur Verlaufskontrolle vor und nach einer Therapie sinnvoll.

    Die SD-OCT ist ein nicht-invasives, die Patienten wenig belastendes Verfahren, bei dem Schnittbilder der Netzhautschichten in einer hohen Auflösung (5 bis 7 µm) entstehen. Die SLO bietet bei der Multicolordarstellung, die mehrere Laserfarben zu einer einzelnen Darstellung kombiniert, zusätzliche Möglichkeiten. Epiretinale Membranen sind damit schon frühzeitig zu erkennen, auch wenn sie noch nicht stark ausgeprägt sind. Kombiniert man die SD-OCT mit der SLO, entsteht eine EnFace OCT, also zusätzlich zum Schnittbild eine Aufnahme von vorne, auf der sich Netzhautfalten besonders gut erkennen lassen. Die Fundusautofluoreszenz kann darüber hinaus Veränderungen in oder unter der Netzhaut deutlich machen, die durch die epiretinale Gliose verursacht werden. Schließlich kann, um andere Augenkrankheiten auszuschließen, eine Angiographie sinnvoll sein. Dabei wird ein Farbstoff in eine Vene injiziert, um anschließend Fotos der Netzhaut zu machen. Durch die Anreicherung des Farbstoffs in den Blutgefäßen lässt sich erkennen, ob es Leckagen oder andere krankhafte Veränderungen an den Gefäßen gibt.

    Große Bandbreite – individuelle Therapieentscheidungen

    Diese detaillierten Möglichkeitern, die Veränderungen im Auge darzustellen, haben in den vergangenen Jahren das Wissen über die epiretinale Gliose stark erweitert und sind heute eine gute Grundlage für individuelle Therapieentscheidungen. Die epiretinale Gliose weist eine sehr große Bandbreite auf sowohl hinsichtlich der Ursache als auch hinsichtlich des Schweregrades und des Fortschreitens der Krankheit. All diese Aspekte fließen in die Entscheidung über die Behandlung ein, außerdem die subjektiv wahrgenommenen Symptome und der Leidensdruck des Patienten, sein Allgemeinzustand und eventuell vorhandene (Augen)erkrankungen, die zu berücksichtigen sind.

    Spontane Besserung möglich

    Die Membranen können über Jahre hinweg stabil sein und Symptome wenig ausgeprägt – dann ist es sinnvoll abzuwarten und den Verlauf bei regelmäßigen Untersuchungen zu kontrollieren. Auch spontane Besserungen sind möglich, das sollten die Patienten wissen und berücksichtigen. Andererseits ist eine rasche Zunahme der Beschwerden ist möglich. Unter Umständen ist es notwendig zunächst die der Gliose zugrundeliegende Erkrankung zu behandeln.

    Chirurgische Therapie

    Die Therapie der Wahl bei einer symptomatischen epiretinalen Gliose ist die pars-plana-Vitrektomie und die Entfernung der Membranen. Um das Risiko von Rezidiven – dem Wachstum neuer epiretinaler Membranen – zu verringern, wird oft auch die innere Grenzmebran der Netzhaut vorsichtig abgeschält.

    Für diesen Eingriff werden im Bereich der „pars Plana“ – einem Bereich der Augenhülle, der weder große Blutgefäße noch für die Funktion des Auges unersetzliches Gewebe enthält – feinste Schnitte gesetzt. Durch diese Öffnungen hindurch werden filigrane Geräte ins Augeninnere geführt. Über eine Infusionsleitung wird das Volumen des Auges aufrechterhalten. Eine Lichtquelle kommt hinzu und schließlich ein chirurgisches Werkzeug. Das Vitrektom beispielsweise dient der Zerkleinerung des Glaskörpers, mit einer Pinzette können die Membranen gefasst, mit Schabern können sie vorsichtig von der Netzhaut abgelöst werden. Die Membranen werden oft angefärbt, so dass sie besser zu sehen sind. Damit lässt sich eine möglichst vollständige Entfernung sicherstellen, so dass keine Reste im Auge bleiben, die zum Ausgangspunkt einer neuen Membranbildung werden könnten.

    Dieses mikrochirurgische Vorgehen hat sich seit vielen Jahrzehnten bewährt und wird stetig weiterentwickelt. Ziel ist es, das Risiko von Nebenwirkungen und Komplikationen zu reduzieren. Kamen in den 80er und 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts noch 20-gauge Instrumente zum Einsatz, so arbeiten moderne Systeme mit 23-, 25- oder 27 gauge. Die Einheit Gauge wird in der Medizin für Hohlnadeln etc verwendet. Je höher der Wert, desto geringer ist der Außendurchmesser der Instrumente. 23 gauge entspricht einem Außendurchmesser von 0,6 mm, bei 27 gauge sind es 0,4 mm. Die Öffnungen in der Augenhülle sind dementsprechend klein und müssen nach dem Eingriff nicht genäht werden. 

    Komplikationen lassen sich auch bei größter Sorgfalt nicht in jedem Fall vermeiden. In ein bis sechs Prozent der Fälle treten Netzhautdefekte auf und in der Folge kann es zu einer Netzhautablösung kommen. Auch die Möglichkeit einer Linsentrübung ist gegeben, falls die Patienten nicht bereits eine Kataraktoperation hatten. Eine Endophthalmitis – eine Entzündung im Augeninneren – und ein zystoides Makulaödem (CMÖ) sind weitere mögliche Komplikationen, über die die Patienten vor dem Eingriff aufzuklären sind. 

    Ausführliche Aufklärung

    Die Beratung und Aufklärung der Patienten spielt vor der pars-plana-Vitrektomie eine große Rolle. Angesichts der Möglichkeit einer spontanen Besserung ist die Strategie des beobachtenden Zuwartens zu erwägen. Andererseits ist darauf hinzuweisen, dass der Zustand auch rasch schlechter werden kann, wenn man zu lange wartet. Falls die Patienten noch „phak“ sind, im Auge also noch die natürliche Linse ist, gilt es zu überlegen, ob der Eingriff mit einer Kataraktopertation kombiniert wird, da es nach einer Vitrektomie häufig zu einer Linsentrübung kommt.

    Wichtig ist auch, dass sich die Patienten der langen Erholungsphase bewusst sind. In einzelnen Fällen waren auch nach mehr als drei Jahren noch Verbesserungen des Sehvermögens festzustellen. Mindestens sechs bis zwölf Monate muss man aber auf jeden Fall abwarten, um die Sehfunktion zu beurteilen. Direkt nach dem Eindruck kann es vorübergehend sogar zu einer Sehminderung kommen. Insgesamt ist die Prognose für die Patienten aber gut: In 70 bis 90 Prozent der Fälle kann eine Stabilisierung oder Verbesserung der zentralen Sehschärfe erreicht werden.

    Fazit

    Die epiretinale Gliose ist Augenkrankheit, die mit zunehmendem Alter häufig auftritt. Sowohl das Krankheitsbild als auch die subjektiven Beschwerden weisen eine große Bandbreite auf. Moderne Bildgebungsverfahren haben zu einem besseren Verständnis der krankhaften Prozesse geführt. Sie sind heute eine gute Grundlage für individuelle Therapieempfehlungen. Mit minimalinvasiven chirurgischen Methoden werden der Glaskörper des Auges und die Membran entfernt. Die Aussichten auf eine Stabilisierung oder sogar Verbesserung des Sehvermögens nach dem Eingriff sind gut.

    Abbildung: So lässt sich eine epiretinale Gliose mit verschiedenen diagnostischen Methoden darstellen: Die Laser-Scanning-Ophthalmoskopie (links oben) zeigt eine weiß-graue Membran mit Netzhautfalten im Bereich der Makula. Die Enface optische Kohärenztomographie der Makulaoberfläche (rechts oben) verdeutlicht Traktionsrichtungen und Netzhautfalten. Die hochauflösende optische Kohärenztomogaphie (unten) zeigt einen Scan durch die Fovea mit der epiretinalen Membran als hochreflektive helle Linie auf der Netzhautoberfläche.

    Prof. Dr. Ricarda Gisela Schumann
    Augenzentrum im Brienner Hof
    Prof. Kampik & Kollegen
    Brienner Straße 12
    80333 München
    Tel: 089 / 85633470
    Fax: 089 / 856334729
    E-Mail: ricarda.schumann@med.uni-muenchen.de

    Quelle:
    Stellungnahme des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands, der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft und der Retinologischen Gesellschaft zur Entwicklung, Diagnostik und Behandlung der epiretinalen Gliose

    Stand Oktober 2020

    Link zum Download: https://augeninfo.de/cms/fileadmin/stellungnahmen/epiretinale_Gliose_Okt_2020.pdf


    Aktuelle Therapieoptionen bei endokriner Orbitopathie
    Neue Behandlungen in Sicht

    Die endokrine Orbitopathie ist eine Autoimmunkrankheit, die die Betroffenen stark belasten kann. Sie führt zu Entzündungen und Schwellungen in der Augenhöhle (Orbita). In den meisten Fällen tritt sie zusammen mit einer Fehlfunktion der Schilddrüse, dem Morbus Basedow auf. Die Krankheit kann das Sehvermögen bedrohen und die Lebensqualität vor allem auch durch das verändertes Aussehen der Betroffenen – in den meisten Fällen sind es Frauen – sehr stark beeinträchtigen. Das Wissen über die Krankheit und über Risikofaktoren für ihre Entwicklung beziehungsweise ihr Fortschreiten hat sich in den vergangenen Jahren aber deutlich erweitert. Auch neue Behandlungsmöglichkeiten werden entwickelt und bieten die Aussicht, dass sich die Krankheit besser in den Griff bekommen lässt. Die Behandlung schwerer Krankheitsformen bleibt aber eine Herausforderung.

    Autoantikörper gegen das Schilddrüsen-Hormon TSH
    Bei dieser Autoimmunerkrankung bildet der Körper Antikörper gegen die Rezeptoren für das Hormon TSH, das maßgeblich das Schilddrüsenwachstum beeinflusst. Diese Rezeptoren finden sich auch in der Augenhöhle. Deshalb tritt die endokrine Orbitopathie (EO) besonders häufig zusammen mit dem Morbus Basedow auf, der zu einer Schilddrüsenüberfunktion führt. Seltener wird die EO bei einer Hashimoto-Thyreoiditis, einer chronischen Entzündung der Schilddrüse oder gänzlich ohne eine Erkrankung der Schilddrüse beobachtet. In der Orbita führt die Erkrankung zur Bildung von Fettgewebe sowie zu einem Anschwellen der Augenmuskeln und des Bindegewebes. 

    Symptome
    Die Entzündung verursacht Schmerzen und ein Druckgefühl hinter den Augen. Auch Augenbewegungen sind schmerzhaft. In Lidern und Bindehaut finden sich Flüssigkeitseinlagerungen (Ödeme) und sie sind gerötet. Der Augapfel kann hervortreten (Exophthalmus), dadurch wird der Lidschluss erschwert bis unmöglich, so dass die Hornhaut nicht mehr benetzt wird und Hornhautgeschwüre (Ulzera) entstehen können. Die Beweglichkeit der Augen und des Lidhebermuskels wird durch die Krankheit eingeschränkt. Starrer Blick und Doppelbilder (Diplopie) sind die Folge. Die Gewebe-Zunahme in der Augenhöhle kann schließlich auch auf den Sehnerv Druck ausüben, so dass Gesichtsfeldausfälle entstehen, die Sehschärfe und das Farbensehen werden beeinträchtigt bis hin zur Gefahr der Erblindung. 

    Aktivität und Schweregrad der Krankheit beobachten
    Schwere Formen der EO treten selten auf. Wenn eine Schilddrüsenüberfunktion bei Morbus Basedow diagnostiziert wird, findet sich bei drei Vierteln der Betroffenen noch kein Hinweis auf eine Beteiligung der Augen. Doch bei einem Teil der Patienten entwickelt sich die Augenkrankheit erst im weiteren Verlauf (ca 15%). Für die individuelle Therapie ist es wesentlich, das Stadium und die Aktivität der Erkrankung zu beurteilen. Von einer milden EO ist die Rede, wenn die Lidretraktion höchstens zwei Millimeter beträgt, der Exophthalmus nicht mehr als drei Millimeter und wenn die Augenbeweglichkeit nur schwach beeinträchtigt ist. Das Allgemeinbefinden ist in diesen milden Fällen nicht stark beeinträchtigt. Ein moderates Stadium ist durch eine Lidretraktion von mehr als zwei Millimetern gekennzeichnet, eine stärkere Beteiligung des Weichteilgewebes, einen Exophthalmus von mehr als drei Millimetern und eine deutliche Einschränkung der Augenbeweglichkeit. Eine das Sehvermögen bedrohende EO liegt vor, wenn der Sehnerv komprimiert wird und/oder es durch den fehlenden Lidschluss zu Hornhautschäden kommt. 

    Die Krankheitsaktivität lässt sich an subjektiven Parametern wie Schmerzen und Druckgefühl hinter den Augen ablesen und an objektiven Entzündungszeichen wie Schwellungen und Rötungen der Lider, der Bindehaut und der Karunkel (ein knötchenförmiges Gebilde im nasenseitigen Lidwinkel). Auch die Zunahme des Exophthalmus, die Abnahme der Augenbeweglichkeit und eine Abnahme der Sehschärfe deuten auf eine Aktivität der EO hin.

    Wie wird eine aktive EO behandelt?
    Die Therapie der EO ist eine Herausforderung und erfolgt häufig in spezialisierten Zentren. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Augenärzten mit Kollegen anderer Disziplinen wie Allgemeinärzten und Endokrinologen spielt dabei eine große Rolle. Wichtig ist es, die Entzündungsaktivität möglichst früh und wirksam zu unterbinden. Rauchen, hohe Anti TSH Rezeptor Autoantikörperspiegel und eine schlecht eingestellte Schilddrüsenfunktion steigern das Risiko für das Fortschreiten der EO. Deshalb steht der dringende Rat, auf Nikotin zu verzichten und die sorgfältige Kontrolle der Schilddrüsenfunktion vor allem am Beginn der Therapie. In einem frühen Stadium einer aktiven EO genügt dann häufig die Gabe von Selen, um die Entzündung zu mildern.

    Bei einer moderaten bis schweren EO ist eine Behandlung mit Steroiden (intravenös) angezeigt. Hinzu kommt, wenn die Augenbeweglichkeit eingeschränkt ist, die Orbitaspitzenbestrahlung. Bisher gibt es für die Therapie der EO über Steroide hinaus keine Zulassung für Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken. Wenn Patienten innerhalb der ersten sechs Wochen nicht auf eine Therapie mit Steroiden ansprechen, kann aber eine stärkere immunsuppressive Behandlung erwogen werden. Hier kommen verschiedene Wirkstoffe in Frage, zum Beispiel Mycophenolat-Mofetil (MMF), Rituximab, Azathioprin und Tocolizumab. Dafür muss ein Kostenübernahmeantrag für eine so genannte off label Therapie bei der Krankenkasse gestellt werden. 

    Hinzu kommen unterstützende Behandlungen: Benetzungsstörungen der Hornhaut können mit Tränenersatzmitteln gelindert werden, Lymphdrainage und die Behandlung mit Botulinumtoxin kann eingesetzt werden. Beim Auftreten von Doppelbildern können Prismenbrillen verordnet werden.

    Drei bis sechs Prozent der Patienten entwickeln trotz maximaler entzündungshemmender Therapie eine das Sehvermögen bedrohende EO mit einer Kompression des Sehnervs. Die entzündliche Schwellung, die Bildung von Fettgewebe und das Anschwellen der Muskeln verringern die Durchblutung des Sehnervs. Diese schweren Fälle werden mit hochdosierten intravenösen Steroidgaben (drei Mal ein Gramm pro Woche über zwei Wochen) behandelt. Hilft dies nicht ausreichend muss eine Entlastungs-Operation an der Augenhöhle erfolgen (Orbitadekompression). Sie kann als Notfallmaßnahme bei einer Quetschung des Sehnervs oder bei Hornhautulzera und Lagophthalmus notwendig werden.

    Neue Therapiemöglichkeiten
    Sowohl Steroide als auch Immunsuppressiva können zwar die Entzündungsaktivität bremsen, eine Vollheilung ist aber selten. Meist persistieren Lidschwellung durch Fettablagerung, Exophthalmus und eingeschränkte Augenbeweglichkeit. Neue Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung haben das Verständnis der krankhaften Vorgänge bei der EO aber erweitert. Zwischen dem TSH-Rezeptor und dem IGF-1-Rezeptor kommt es zu Wechselwirkungen durch die Bindung der TSHR-Auto Antikörper. Diese Erkenntnis führte zur Entwicklung neuer Therapieansätze: EO-Patienten werden mit Anti IGF-1-Rezeptor-Antikörpern behandelt (Teprotumumab). In klinischen Studien der Phase II und Phase III zeigte sich, dass diese Behandlung nicht nur die Aktivität der EO stoppt, sondern dass sie auch die Augenbeweglichkeit bessert und den Exophthalmus verringert. Dadurch ging die Wahrnehmung von Doppelbildern zurück. Die Lebensqualität der Studienteilnehmer besserte sich entsprechend signifikant. Die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) hat Teprotumumab im Januar 2020 zugelassen. Die Zulassung in Europa wird erwartet. 

    Ein weiterer neuer Ansatz beruht auf der allmählichen Gewöhnung des Immunsystems an den TSHR ähnlich einer Hyposensibilisierung bei Allergien. In einer Phase I-Studie mit 10 Patienten, die an Morbus Basedow erkrankt waren, ließ sich auf diese Weise die Schilddrüsenfunktion bei zwei Dritteln der Patienten bessern. Ein Effekt auf die EO kann auch hier erwartet werden.

    Behandlung der inaktiven EO
    Bei Patienten ohne aktive Entzündung und einer über sechs Monate stabilen Schilddrüsenfunktion können die Folgen der EO operativ behandelt werden. Mehrere Eingriffe sind oft notwendig: Zunächst erfolgt die knöcherne Orbitadekompression mit Entfernung des orbitalen Fettgewebes. Der zweite Schritt sind Augenmuskeloperationen, zudem sind oft als letzter Schritt lidchirurgische Eingriffe notwendig. Dadurch lässt sich die Lebensqualität der Patienten erheblich steigern. 

    Fazit
    Die endokrine Orbitopathie belastet die betroffenen Patienten schwer. Die Behandlung richtet sich nach der Schwere und der Aktivität der Erkrankung. Aktuell ist die intravenöse Behandlung mit Steroiden die Therapie der Wahl. Wenn die Patienten darauf nach sechs Wochen nicht ansprechen, kommen immunsuppressive Medikamente zum Einsatz. Mit Steroiden und Immunsuppressiva lässt sich zwar die Entzündung stoppen, bereits eingetretene Folgen lassen sich damit aber nicht vollständig rückgängig machen. Deshalb werden in der inaktiven Phase der Therapie operative Eingriffe notwendig. Neue Behandlungsmöglichkeiten der EO, insbesondere die Therapie mit Teprotumumab lassen darauf hoffen, dass der Bedarf für solche schweren Eingriffe in Zukunft sinken wird und dass sich die Lebensqualität der Patienten bessern wird.

    Prof. Dr. Anja Eckstein
    Oberärztin (Strabologie, Neuroophthalmologie, okuloplastisch rekonstruktive Chirurgie)
    Klinik für Augenheilkunde
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    Glaukom jenseits des Augeninnendruckes
    Welche neuen Erkenntnisse gibt es?

    Das Glaukom ist eine der Hauptursachen für irreversible Erblindung weltweit. Insgesamt sind Schätzungen zufolge derzeit fast 80 Millionen Menschen betroffen. Im Jahr 2010 waren es noch circa 68 Millionen Patienten, davon erblindeten 6,7 Millionen. Das Glaukom ist eine altersabhängige Erkrankung. Die Inzidenz, also die Zahl der Patienten, die neu erkranken, verdreifacht sich pro Jahrzehnt Lebensalter, während die Inzidenz der Erblindung sich pro Jahrzehnt Lebensalter verzehnfacht. Aufgrund des demografischen Wandels, einschließlich einer alternden Bevölkerung, beträgt die geschätzte Zahl der Glaukompatienten im Jahr 2020 weltweit 79,6 Millionen. Daher wird mit zunehmender Alterung der Bevölkerung die Prävalenz und Bedeutung der Erkrankung steigen.

    Das Glaukom ist durch einen zunehmenden Verlust von Ganglienzellen der Netzhaut (RGC) und eine Schädigung des Sehnervs mit den Axonen gekennzeichnet. Diese unterlaufen dem programmierten Zelltod der Apoptose. Hauptrisikofaktoren sind neben dem Alter der erhöhte Augeninnendruck des Patienten. 

    Die Therapie heute: Augeninnendruck senken
    Die einzige evidenzbasierte Behandlung des Glaukoms ist derzeit die Augeninnendrucksenkung, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. Dies geschieht dabei zunächst medikamentös oder durch Lasern. Ist dies nicht ausreichend oder nicht möglich, kann das Glaukom mit einer Operation behandelt werden. Bislang ist die Trabekulektomie der Goldstandard in der operativen Behandlung. Es hat sich gezeigt, dass eine Senkung des Augeninnendrucks um 20 bis 40 Prozent die Rate des progressiven Gesichtsfeldverlusts deutlich verringert. 

    Risikofaktoren jenseits des Augeninnendrucks
    Bei einem erheblichen Teil der Glaukompatienten tritt jedoch trotz erfolgreicher Augeninnendrucksenkung ein Sehverlust auf. Dabei spielen Risikofaktoren eine Rolle, die nicht vom Augeninnendruck abhängig sind. Trotz der Tatsache, dass Maßnahmen zur Senkung des Augeninnendrucks das Progressionsrisiko senken und den Beginn des Glaukoms verzögern, sind die Ursachen des Glaukoms umstritten und noch nicht geklärt. Die Erkrankung wird durch momentane diagnostische Maßnahmen wie Gesichtsfeld erst spät erkannt und bleibt damit oft unentdeckt. 50 Prozent der Patienten wissen nicht, dass sie das Glaukom haben. Früherkennungsuntersuchungen mit Sehnerv-Check und Messung des Augeninnendrucks sind die einzige Möglichkeit, ein Glaukom zu erkennen, bevor ein nicht wieder gut zu machender Schaden entstanden ist. Der Bedarf an neuen Behandlungsansätzen und Neuroprotektiva (den Nerv schützenden Medikamenten) hoch. 

    Neue Einsichten in das Krankheitsgeschehen
    In den letzten zehn Jahren hat unser Verständnis der pathophysiologischen molekularen Mechanismen des Glaukoms erheblich zugenommen. Darauf aufbauend, wurde eine Vielzahl von neuroprotektiven Mitteln vorgeschlagen, die auf molekulare Veränderungen abzielen.

    Zu den Mechanismen, die einen Verlust an RGC auslösen, gehören:

    (1) Exzitotoxizität, also den Tod der Nervenzelle durch andauernde Reizüberflutung

    (2) oxidativer Stress, der von freien Sauserstoff-Radikalen ausgelöst wird

    (3) Stickoxidschaden, 

    (4) Mikroglia-Überaktivierung, die eine Entzündung fördert und 

    (5) Apoptose. 

    Beim Glaukom werden giftige Substanzen wie Glutamat, reaktive Sauerstoffspezies und Stickoxid (NO) freigesetzt. Mikroglia werden überaktiviert, die Funktion der Mitochondrien (der „Kraftwerke der Zellen“) nimmt ab und die Transkription von Genen wird moduliert. Gemeinsame abschließende Signalwege werden aktiviert mit anschließender Neuronen-Apoptose bei RGC. Ein erhöhter Augeninnendruck und andere Mechanismen scheinen einen sich selbst aufrechterhaltenden Prozess der RGC-Degeneration auszulösen.

    Viele Erkenntnisse aus Zellkultur- und Tiermodellen
    Neuroprotektion könnte eine wesentliche Rolle bei der Verlangsamung der mit dem Sehverlust verbundenen pathologischen Prozesse spielen und durch den Schutz von RGCs und des Sehnervs zur Verringerung des Sehverlusts bei diesen Patienten beitragen. In den letzten Jahrzehnten ist relativ viel in Tiermodellen zu Wachstumsfaktoren (BDNF, CNTF; NTF), Apoptoseregulatoren (Bxl-2, Bcl-x) oder auch Glutamatverminderung (Memantine) geforscht worden. Dies zeigte in Tiermodellen viele neuroprotektive Ergebnisse. Die Übertragung dieser Erkenntnisse auf Behandlungskonzepte für Menschen (Translation) fehlt bislang. 

    Es gibt viele Ergebnisse in Tiermodellen, die leicht und standardisiert zu analysieren sind. Wichtig ist aber auch die Translation zum Menschen. Man kann verschiedene Tier- und Zellkulturmodelle unterschiedlichen Alters mit einzelnen Zellen und Zellverbänden zur Imitation des Glaukoms verwenden. Auf zellulärer Ebene können typische Reaktionen der verschiedenen Zellen und Zellverbände der retinalen Ganglienzellen, der Mikroglia sowie der Endothelzellen und Gefäße gesehen und proteomische (die Gesamtheit der Eiweiße der Zellen betreffend) und genetische Veränderungen analysiert werden.Die Modelle eignen sich gut, um die gewünschten Augeninnendrucksituationen zu imitieren und/oder um einen retinalen Ganglienzellverlust zu provozieren. Die Gefäße und Gefäßzellen zeigten Augeninnendruck induzierte Veränderungen der Morphologie und Funktion. Diese Modelle eignen sich auch, um die Wirkung möglicher neuer Medikamente zu testen. Insbesondere die Crystalline, H2S, ßIII-Tubulin und CRMP-5 zeigten auf molekularer Ebene interessante Expressionsverschiebungen bei erhöhtem Augeninnendruck und im weiteren Versuchsverlauf neuroprotektive und/oder sogar regenerative Effekte in vivo und in vitro. 

    Neurone lassen sich mit Gentherapie verjüngen
    Interessant in diesem Kontext und zukunftsträchtig scheint die Fokussierung auf altersabhängige Veränderungen. Forschungsarbeiten an Mitochondrien zeigen sehr interessante Ergebnisse, ebenso Arbeiten zur Epigenetik. Der Begriff Epigenetik definiert alle vererbbaren Veränderungen in der Genexpression, die nicht in der DNA-Sequenz selbst codiert sind. Diese können durch Umwelteinflüsse verändert werden. Diese epigenetischen Muster entstehen unter anderem durch sogenannte Methylierungen, also chemische Gruppen, mit denen das Erbgut während der Embryonalentwicklung bestückt wird. Sie regeln die Aktivität der Gene. Ihr Muster und damit auch die Zellfunktionen verändern sich im Laufe des Lebens, da gewisse Gene nur in bestimmten Lebensabschnitten gebraucht werden. Manche Funktionen gehen beispielsweise im Alter verloren, obwohl die eigentliche Information weiterhin in den Genen verankert ist. Diese Art der zeitweiligen Feinregulierung von Genen fällt in den Bereich der Epigenetik.

    In ihrer Studie verjüngten die Forschenden Neurone des zuvor verletzten Sehnervs in alten Mäusen, indem sie mithilfe einer Gentherapie drei sogenannte Transkriptionsfaktoren in den Zellen dauerhaft aktivierten. Das veränderte die Methylierungsmuster auf dem Erbgut so, dass es erneut jenen junger Mäuse glich. Dadurch erlangten die reprogrammierten Zellen offenbar ihre ursprüngliche Fähigkeit zurück, sich nach einer Verletzung regenerieren zu können – im Fall der Experimente nach einer Augenerkrankung oder einer mechanischen Verletzung. Labormäuse mit einem induzierten grünen Star (Glaukom) reagierten nach der Behandlung wieder auf optische Reize und konnten sich immerhin anhand von Mustern in einem Raum orientieren, woraus die Forschenden auf ein wiedergekehrtes Sehvermögen schließen.

    Da die Expression dieser Transkriptionsfaktoren auch in Zellkulturexperimenten menschliche Neuronen umprogrammierte, könnte der Ansatz auch potenziell beim Menschen zum Erfolg führen, mutmaßen die Autoren. In einem parallel veröffentlichten Begleitartikel kommt der Autor Andrew Huberman zu dem Schluss, dass diese Studie eine neue Ära der Medizin einleiten würde, gealterte und geschädigte Gehirne therapieren zu können.

    Eine Translation zum Menschen muss noch erfolgen. 

    Fazit
    Die Behandlung des Glaukoms besteht aktuell in der Senkung des Augeninnendrucks, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. Bereits eingetretene Schäden lassen sich auf diese Weise bisher nicht reparieren. Doch das Verständnis der Mechanismen, die beim Glaukom zum Absterben der retinalen Ganglienzellen und der Sehnervenfasern führen, ist in den vergangenen Jahren erweitert worden. Das eröffnet den Weg zu neuen Behandlungsansätzen, die auf den Schutz des Sehnervs abzielen. Mit einer Gentherapie scheint sogar eine Regeneration des Sehnervs möglich. Bisher liegen dazu allerdings erst Ergebnisse aus Tiermodellen vor, eine Translation der Erkenntnisse auf den Menschen muss noch erfolgen.

    Prof. Dr. Verena Prokosch-Willing
    Zentrum für Augenheilkunde der Uniklinik Köln
    Kerpener Str. 62
    50937 Köln
    Tel. 0221 / 478 7720
    E-Mail: verena.prokosch-willing@uk-koeln.de


    Hornhautveränderungen bei Liderkrankungen
    Wie lässt sich das Sehvermögen schützen?

    Die Augenoberfläche ist ein sensibles System. Jedes einzelne ihrer Bestandteile – die Lider, die Bindehaut, die Hornhaut und der Tränenfilm – spielt eine wichtige Rolle. So lange alles funktioniert, ist uns gar nicht bewusst, wie komplex dieses Zusammenspiel ist. Doch eine Störung an einem Teil wirkt sich auf alle anderen aus. Das kann gravierende Folgen für das Sehvermögen und das Wohlbefinden des Betroffenen haben.

    Die Hornhaut schließt als klare „Windschutzscheibe“ das Auge nach vorne ab. Sie ist ringförmig umgeben von der Bindehaut, einer Schleimhaut, die auch die Innenseite der Augenlider auskleidet. Mit jedem Lidschlag verteilt sie wie ein weiches Tuch den Tränenfilm auf der Hornhaut und entfernt kleine Fremdkörper, die das Auge irritieren könnten. Der Tränenfilm besteht aus mehreren Schichten. Den größten Teil bildet eine in den Tränendrüsen gebildete Flüssigkeit, die Nährstoffe für die Hornhaut enthält, aber auch Abwehrzellen gegen Infektionen. Die Haupttränendrüse liegt in der Augenhöhle seitlich über dem Augapfel, in der Bindehaut gibt es zusätzliche kleine wässrige Tränendrüsen. Damit die Tränen nicht zu schnell verdunsten oder aus dem Auge rollen, werden sie von einer öligen Schicht bedeckt, die von den Meibom-Drüsen im Bereich der Lidkante gebildet wird. Eine innere Schleimschicht bedeckt die Augenoberfläche direkt. Sie macht die wasserabweisende Hornhaut zu einer wasserfreundlichen Schicht, so dass sich der Tränenfilm anlegen kann. 

    Wie verändert sich die Hornhaut durch Erkrankungen der Lider?
    Erkrankungen der Augenlider ziehen oft Veränderungen der Hornhaut nach sich, die nicht übersehen werden sollten. So kann es zu einer Verformung der Hornhaut kommen, die die Sehschärfe mindert. Die Hornhaut kann als Folge einer Liderkrankung ihre Form verändern; Blutgefäße wachsen möglicherweise ein und mindern die Transparenz der Hornhaut; Hornhaut-Geschwüre (Ulzera) können sich bilden und schließlich kann sogar eine Perforation der Hornhaut die Folge der Liderkrankung sein.

    Was sind die ursächlichen Mechanismen für Hornhautveränderungen bei Liderkrankungen?
    Diese Veränderungen sind mögliche Folgen unterschiedlicher Mechanismen: Tumore können Druck auf die Hornhaut ausüben und sie verformen. Ein fehlender Lidschluss verhindert, dass die Hornhaut feucht gehalten wird. Wimpern können auf der empfindlichen Augenoberfläche scheuern und sie reizen. Schließlich können Infektionen mit Viren oder Bakterien und Entzündungen auf Liderkrankungen zurückgehen.

    Lidfehlstellungen: Ektropium, Entropium, Floppy Eyelid
    Eine häufige Lidfehlstellung, die Hornhautveränderungen verursacht, ist das Ektropium, bei dem die Kante des Augenlids – meist ist es das Unterlid – nach außen wegkippt. Ein Ektropium kann angeboren sein, es ist oft aber auch die Folge von Alterungsprozessen. Es kann dazu führen, dass das Auge austrocknet, weil das Lid nicht mehr dem Auge anliegt und der Tränenfilm nicht mehr so gut auf dem Auge verteilt wird. Diese Austrocknung kann Schäden an der Hornhautoberfläche bis hin zu Hornhaut-Geschwüren zur Folge haben. Ein chirurgischer Eingriff an den Lidern ist dann der gebotene Weg, damit die Hornhaut heilen kann.

    Im Gegensatz zum Ektropium liegt ein Entropium vor, wenn die Lidkante sich nach innen dreht. Das kann die Folge einer Narbenbildung der Bindehaut sein, eine Folge von Alterungsprozessen oder – selten – eine angeborene Fehlstellung. Sind Bindehautnarben die Ursache des Entropiums, muss geklärt werden, wie sie sich gebildet haben. Eine Entzündung aufgrund einer Autoimmunerkrankung (z.B. einem Schleimhautpemphigoid) kann dahinter stecken oder auch die Folgen einer bakteriellen Infektion des Auges. Insbesondere in Gegenden mit mangelnden Möglichkeiten zur Hygiene ist das Trachom häufig, eine Infektion der Augen mit Chlamydien, die die Bindehaut vernarben lässt. Bei einem Entropium drehen sich die Wimpern nach innen und scheuern andauernd auf der Hornhaut. Das ist schmerzhaft und führt zu Hornhautschäden bis hin zur kompletten Hornhauteintrübung. Nur eine frühzeitige Behandlung der Infektion (beim Trachom) oder eine Operation der Lider (beim Entropium im Allgemeinen) kann helfen, das zu verhindern.

    Vom „Floppy Eyelid“ ist die Rede, wenn das ganze Oberlid leicht nach außen geklappt werden kann. Der Tarsus, eine schalenförmige Verstärkung des Augenlids, die aus Bindegewebe besteht, ist dann gummiartig verändert. Patienten mit einem Floppy Eyelid Syndrom leiden häufig auch an einem Keratokonus, das ist eine krankhafte Vorwölbung der Hornhaut. Andere Krankheiten, die bei diesen Patienten häufiger beobachtet werden, ist das Glaukom (Grüner Star) und das Schlafapnoe-Syndrom, bei dem es zu Atemaussetzern im Schlaf kommt. Das Flopppy Eyelid Syndrom führt oft zu einem Trockenen Auge, zu oberflächlichen Verletzungen (Hornhauterosionen) und zum Einwachsen von Gefäßen in die geschädigte Hornhaut (Vaskularisation). Oft kommt noch eine Störung der Meibom-Drüsen hinzu. Die Behandlung des Floppy Eyelid Syndroms besteht zum Einen in der Gabe von Tränenersatzmitteln. Nachts kommen Gele und Salben zum Einsatz, die das Austrocknen des Auges verhindern, außerdem können Schutzschilder die Augen in der Nacht geschlossen halten. Patienten mit einer Schlafapnoe, die nachts Beatmungsmasken nutzen, sollten darauf achten, dass die Maske dicht am Gesicht anliegt und dass die Luft nicht durch Lecks entweichen kann. Wenn diese konservative Behandlung nicht ausreicht, kann das Oberlid durch eine Operation gestrafft werden.

    Lidtumore
    Tumore üben Druck auf den Augapfel aus und verursachen so Sehfehler. Außerdem können sie eine Entzündung der Lidränder und der Bindehaut hervorrufen, eine Blepharokonjunktivitis. 

    Ein recht häufiger Tumor bei Kindern ist das Blutschwämmchen (Hämangiom). Je nach Größe und Position kann es die Blickachse verdecken und dann die Entwicklung des Sehvermögens gefährden. Wird es nicht behandelt, droht eine einseitige Sehschwäche (Amblyopie). Das Hämangiom wird unter der Gabe von Propranolol, einem Betablocker, kleiner. Bei 40 Prozent der Kinder geht dann auch der durch den Tumor verursachte Astigmatismus zurück. Nur etwa jedes zehnte Kind benötigt nach dieser Behandlung noch eine Amplyopieprophylaxe.

    Ein Chalazion, umgangssprachlich Hagelkorn genannt, ist eine chronische Entzündung, die von einer Meibom-Drüse ausgeht. Der Ausgang der Drüse ist dabei verstopft und so entwickelt sich langsam an der Lidkante ein Knötchen, das nicht schmerzhaft ist, das aber die Größe einer Haselnuss erreichen kann. Große Chalazien, die mitten auf dem Oberlid sitzen, können dann einen Astigmatismus verursachen. Da es sich um die Erkrankung der Meibom-Drüse handelt, kann auch die Stabilität des Tränenfilms beeinträchtigt sein, weil die schützende ölige Schicht nicht ausreichend gebildet wird. Das Chalazion lässt sich durch eine Injektion mit Kortikosteroiden oder eine Exzision entfernen. Danach bessern sich auch die Beschwerden der Hornhaut.

    Lidinfektionen
    Nach einer Infektion mit Windpocken in der Kindheit kann das Varizella-Zoster-Virus unter Umständen in Nervenganglien dauerhaft erhalten bleiben. Ist der 1. Ast des Gesichtsnerven (Nervus Ophthalmicus) davon betroffen, dann wird das Auge in Mitleidenschaft gezogen. Eine Infektion kann bei einer Immunschwäche oder im höheren Alter wieder aktiviert werden. Dann ruft es Entzündungen an Lid, Bindehaut und/oder Hornhaut hervor, sogar eine Uveitis, eine Entzündung im Auge, ist möglich. Die Krankheit ist sehr schmerzhaft und kann Lidfehlstellungen zur Folge haben. Weil der Hornhautnerv geschädigt ist, kann die Hornhautsensibilität reduziert sein. Die Hornhaut wird anfälliger für Verletzungen und auch ihr Heilungsvermögen lässt nach. Auch ein Glaukom kann als Komplikation einer solchen Erkrankung auftreten. Behandelt wird diese Infektion mit antiviralen Medikamenten, die systemisch eingenommen werden; hinzu kommt eventuell noch eine lokale Behandlung mit Kortisonpräparaten. Für Personen ab dem 60. Lebensjahr wird von der STIKO (Ständige Impfkomission) des Robert Koch Instituts eine Zosterschutzimpfung empfohlen.

    Lidallergien
    Auch Allergien – ob der klassische Heuschnupfen (Rhinokonjuktivitis) oder eine Kontaktallergie – führen zur Entzündung der Bindehaut und der Lider. Sie können in der Folge Schäden an der Hornhaut bis hin zu Geschwüren und Narben auf der Hornhaut auslösen. Weil Allergien oft mit starkem Juckreiz verbunden sind, reiben sich die Betroffenen häufig die Augen, was die Probleme aber noch verstärkt. Abhilfe verschafft, so weit es möglich ist, eine Allergenkarenz. Daneben helfen Augentropfen mit antiallergischen Wirkstoffen (Antihistamine, Mastzellstabilisatoren). Unkonservierte Tränenersatzmittel lindern die Beschwerden zusätzlich, eine Lidkantenpflege ist zu empfehlen und unter Umständen wird auch Kortison oder eine weiterführende entzündungshemmende Therapie mit anderen immunsupprimierenden Substanzen eingesetzt.

    Blepharitis / Meibom-Drüsen-Dysfunktion
    Schließlich haben auch eine Entzündung der Lider (Blepharitis) und eine Meibom-Drüsen-Dysfunktion nachteilige Auswirkungen auf die Hornhaut. Bei einer Meibom-Drüsen-Dysfunktion sind die Ausführungsgänge der Drüsen zunächst durch verdicktes Sekret verstopft, nach und nach gehen die Drüsen verloren. Dadurch verändern sich Qualität und Quantität des Lipidfilms, der den Tränenfilm schützt. Die Folge ist eine zu rasche Verdunstung der Tränen und ein Austrocknen der Augenoberfläche. Eine kontinuierliche Pflege der Lidkanten umfasst die Erwärmung und Massage der Lider (Lidkantenpflege), damit verdicktes Sekret sich löst und die Ausgänge der Drüsen wieder frei werden. Tränenersatzmittel mit Lipiden und eventuell Augentropfen mit antibiotischer und antientzündlicher Wirkung können die Behandlung bei Bedarf ergänzen.

    Fazit
    Die Augenoberfläche ist ein komplexes System, bei dem Lider, Bindehaut, Tränenfilm und Hornhaut sich gegenseitig beeinflussen. Erkrankt ein Bestandteil dieses Systems, dann hat das auch für die anderen Strukturen Folgen. Gerade bei Liderkrankungen sind in der Folge oft krankhafte Veränderungen der Hornhaut zu beobachten. Die Behandlung kann je nach Krankheit viel Geduld erfordern. Bei Lidfehlstellungen sind oft Operationen notwendig, die dann auch eine Abheilung der Hornhaut ermöglichen.

    Quelle: Prof. Dr. Elisabeth M. Messmer
    Augenklinik und Poliklinik des Klinikums der Universität München
    Mathildenstr. 8
    80336 München

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  • Pressekonferenz 2020

    Düsseldorf 23.3.2020

    AAD 2020 entfällt

    Die digitale Pressemappe gibt einen Einblick in ausgewählte Themen.


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    Grußwort

    Düsseldorf, 24. März 2020

    Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,

    leider kann in diesem Jahr die 21. Augenärztliche Akademie Deutschland nicht stattfinden. Das Gesundheitsamt der Stadt Düsseldorf hat die Tagung in Anbetracht der Risikosituation bei der Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus („Corona-Virus“) abgesagt. Deshalb entfällt auch die geplante Auftaktpressekonferenz zur AAD 2020. Die Pressemitteilungen zu den geplanten Themen werden jedoch wie geplant als digitale Pressemappe veröffentlicht.

    Der 1. Vorsitzende des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschland e.V. (BVA), Dr. Peter Heinz, weist in seinem berufspolitischen Statement auf die Bedeutung und Notwendigkeit der bildgebenden Verfahren in der Augenheilkunde hin und verdeutlicht in diesem Zusammenhang die Diskrepanz zwischen den Ansprüchen an eine moderne, evidenzbasierte Medizin und einem veralteten Honorarsystem.

    Gentherapien bei Netzhautdegeneration ermöglichen Behandlungserfolge, die bisher als unerreichbar galten. Die Kosten dieser Therapien für seltene Erkrankungen liegen im sechsstelligen Bereich und stellen damit hohe Anforderungen an die Leistungsfähigkeit unseres Gesundheitssystems. Hierzu und zu den Erwartungen bezüglich der Behandlungsmöglichkeiten der feuchten Makuladegeneration berichtet Dr. Philipp Herrmann von der Universitätsaugenklinik Bonn.

    Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) und der BVA haben eine neue Leitlinie zu den Risikofaktoren des Offenwinkelglaukoms erarbeitet. Vor dem Hintergrund, dass die Glaukomfrüherkennungsuntersuchung noch immer nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen gehört, Augenärzte andererseits verpflichtet sind, diese den Patienten anzubieten, kommt dieser Leitlinie auch berufspolitisch besondere Bedeutung zu. Prof. Dr. Alexander Schuster von der Universitätsaugenklinik Mainz stellt die wesentlichen Aussagen dieser neuen Leitlinie vor.

    Die Kataraktoperation ist der häufigste operative Eingriff in fast jedem Land dieser Welt. Mit der hierdurch gewonnenen Erfahrung und der inzwischen erreichten Präzision auch bezüglich der postoperativen Refraktion einerseits und der Weiterentwicklung der Intraokularlinsen andererseits, ist die Kataraktoperation inzwischen zu einem refraktivchirurgischen Eingriff geworden, der auch dann angewendet werden kann, wenn es nicht vornehmlich um die Beseitigung einer Linsentrübung geht. Die hierzu gegebenen Empfehlungen der Kommission Refraktive Chirurgie erläutert Prof. Dr. Thomas Kohnen vom Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main.

    Generell beobachten wir in den letzten Jahrzehnten eine Zunahme allergischer Erkrankungen. Inzwischen leiden rund 50% der europäischen Bevölkerung an einer allergischen Konjunktivitis. Zu den Formen allergischer Konjunktivitis, den Ursachen, den Untersuchungsmethoden und der Differentialdiagnose sowie den Behandlungsoptionen berichtet Prof. Dr. Philip Maier von der Universitätsaugenklinik Freiburg.

    Den BVA-Medienpreis erhalten in diesem Jahr die beiden Filmautoren Volker Wasmuth und Patrick Zeilhofer. Ihre ZDF-Dokumentation „Gesunde Augen – klarer Blick“ überzeugte uns mit einer differenzierten und gut verständlichen Darstellung der Themen, mit denen Augenärzte in Deutschland und weltweit tagtäglich konfrontiert sind. Die Dokumentarfilmer fragten nach, weshalb Kinder kurzsichtig werden und was sich dagegen unternehmen lässt, sie begleiteten aber auch einen Patienten bei einer lamellären Keratoplastik in den OP. Sie zeigten, wie sich die feuchte AMD heute behandeln lässt und welche Forschungen in Deutschland laufen, um die Makuladegeneration mit Hilfe von Stammzellen in den Griff zu bekommen. Der Film erläutert, wie bei einer Kataraktoperation in Deutschland heute mit modernen Techniken zugleich eine Fehlsichtigkeit ausgeglichen wird. Das Team reiste sogar nach Ruanda, um zu beobachten, wie augenärztliche Teams im Auftrag der Christoffel Blindenmission dort Menschen vom Grauen Star heilen.
    Das Autoren-Duo hat u.a. mit dieser Dokumentation einen wertvollen Beitrag zur Information und Aufklärung der Öffentlichkeit auf dem Gebiet der Augenheilkunde geleistet.

    Ihr
    Dr. Ludger Wollring,
    Pressesprecher des BVA

    Pressemappe:


    Moderne Diagnostik für erfolgreiche Therapien
    Augenärzte fordern: Mehr bildgebende Verfahren in den EBM

    Auf bildgebende diagnostische Verfahren setzen Augenärzte bei der Versorgung ihrer Patienten schon lange. Sie fotografieren den Augenhintergrund, um krankhafte Veränderungen zu dokumentieren, sie machen mittels optischer Kohärenztomografie (OCT) hochauflösende Schichtbilder der Netzhaut, und sie nutzen noch etliche andere Verfahren, die helfen, krankhafte Prozesse zu erkennen und zu verstehen. Im gerade beginnenden Jahrzehnt gewinnen diese Verfahren im Kontext der sogenannten künstlichen Intelligenz an Bedeutung. Auch wenn die Algorithmen, die nun für die Auswertung der Bilder eingesetzt werden, von wirklich „künstlicher Intelligenz“ noch weit entfernt sind, werden diese Entwicklungen immer wichtiger: Automatisierte Verfahren unterstützen die Augenärzte bei der Beurteilung der einzelnen Bilder.

    Honorarsystem verharrt auf dem Stand der 1990er Jahre
    Das Honorarsystem in der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland ist jedoch noch weit entfernt davon, diesen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Der Einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM), der die Grundlage für die Abrechnung der einzelnen ärztlichen Leistungen ist, verharrt auf dem Stand der 1990er Jahre. Augenärzte erhalten seit jeher für Fotografien keinerlei Honorar. Dabei sollte es heute bei vielen Augenerkrankungen Standard sein, Fotos anzufertigen. Und sie sind eine wichtige Grundlage für den Einsatz von Algorithmen: Ohne gute, nach standardisierten Vorgaben angefertigte Bilder fehlt die Grundlage für eine automatisierte Auswertung. 
    Jeder Augenarzt und jede Augenärztin kennt solche Beispiele aus der Praxis: Ein Patient kommt mit einem Bindehauttumor in die Praxis. Das kann ein harmloser Nävus sein – eine gutartige Fehlbildung wie es auch ein Muttermal ist (Abbildungen 1 und 2). Es kann aber auch ein bösartiger Tumor sein. Deshalb gilt es genau hinzuschauen und den Verlauf zu beobachten: Verändert er sich von einer Untersuchung zur nächsten? Dies lässt sich jedoch ohne eine Fotografie nicht dokumentieren. Ein anderes Beispiel ist das Netzhautscreening bei Menschen mit Diabetes: Sie sollen regelmäßig augenärztlich untersucht werden, um bei Schäden an der Netzhaut rechtzeitig reagieren zu können. Auch hier ist es unerlässlich, bei jeder Untersuchung Fotos der Netzhaut anzufertigen, um Veränderungen im Detail nachvollziehen zu können (Abbildungen 3 und 4). 
    Die tägliche Praxis beweist seit Jahren, dass Fotografien ein wertvolles Mittel sind, um den Krankheitsverlauf und den Therapieerfolg zu beurteilen. Gute Fotos erfordern jedoch eine gute technische Ausstattung und das entsprechende Know-how. Die standardisierte Befunderhebung und die systematische Archivierung sind mit einem erheblichen Aufwand verbunden, den Augenärzte bei Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen jedoch nicht abrechnen können. Der EBM sieht das Foto als diagnostische Leistung in der Augenheilkunde schlicht nicht vor.

    Verzicht auf Bilddokumentation wird bestraft
    Wenn Augenärzte nun aber auf die Fotodokumentation verzichten, machen sie sich unter Umständen strafbar. Im Jahr 2016 verurteilte das Oberlandesgericht Hamm einen Augenarzt, der es unterlassen hatte, bei einem Glaukompatienten schon vor Beginn der Behandlung im Jahr 1998 eine Bilddokumentation des Sehnervenkopfes anzulegen (Urteil vom 15.01.2016, AZ 26 U 48/14). 
    Augenärzte müssen also eine Bilddokumentation anlegen, können sie aber nicht gemäß EBM abrechnen. Bleibt die Option, diese den Patienten als Individuelle Gesundheitsleistung in Rechnung zu stellen – doch wenn Augenärzte das tun, sehen sie sich einmal mehr von Krankenkassen, Verbraucherzentralen und Gesundheitspolitikern als „Abzocker“ verunglimpft.

    Forderungen der Augenärzte
    Deshalb fordert der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands, dass sowohl die Netzhautfotografie als auch die Vorderabschnittsfotografie als diagnostische Leistungen in den EBM aufgenommen werden.
    Eine ähnliche Situation wie bei der Fotografie findet sich bei der OCT: Erst nach langem Ringen konnte dieses Verfahren im vergangenen Oktober für zwei Indikationen in den EBM eingebracht werden. Nur bei den Diagnosen Altersabhängige Makuladegeneration und diabetisches Makulaödem kann das Verfahren bei Kassenpatienten abgerechnet werden. Dabei ist die OCT für Augenärzte längst ein unverzichtbares Werkzeug für die Verlaufskontrolle etlicher Augenerkrankungen. Deshalb sollte – auch angesichts der ständigen Weiterentwicklung dieser Technologie – die Aufnahme weiterer Indikationen in den EBM diskutiert werden.

    Nutzen ist unbestritten, aber der evidenzbasierte Nachweis fehlt
    Bisher scheitert die Aufnahme diagnostischer Leistungen in der Augenheilkunde in den EBM, weil die hohen Anforderungen des Gemeinsamen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (GBA) nicht erfüllbar sind. Der GBA fordert einen evidenzbasierten Nachweis dafür, dass sich der Einsatz der Diagnostik positiv auf die Sehschärfe oder andere Sehparameter auswirkt. Diesen Nachweis in wissenschaftlichen Studien zu erbringen, ist jedoch kaum machbar und wäre mit einem enormen Aufwand verbunden. 
    Die Wissenschaftler selbst stellen den Nutzen der bildgebenden Verfahren ohnehin nicht in Frage. Ihre Forschungsprojekte befassen sich vielmehr damit, wie Augenärzte, unterstützt durch Auswertungsalgorithmen, Fotos, OCT-Aufnahmen und andere Bildbefunde, künftig so auswerten können, dass die Diagnosestellung zum Wohle der Patienten weiter verbessert wird. 
    Es muss eine Selbstverständlichkeit sein, dass die Erhebung und die ärztliche Auswertung dieser Befunde, die die Grundlage für die neuen Technologien sind, auch bei Kassenpatienten angemessen honoriert werden.

    Fazit
    Bildgebende Verfahren wie die digitale Fotografie sind in der Augenheilkunde wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie von Augenkrankheiten. Das Honorarsystem der gesetzlichen Krankenversicherung sieht für die meisten dieser diagnostischen Leistungen jedoch kein Honorar vor. In Zeiten, in denen Computeralgorithmen eingesetzt werden, um die Erkennung von Augenkrankheiten immer weiter zu verbessern, gewinnen die Bildbefunde als die Basis dieser neuen Technologien enorm an Bedeutung. Umso mehr muss es ein angemessenes Honorar für den Aufwand geben, der mit der Erhebung und der Auswertung dieser Befunde verbunden ist.

    Abbildung 1: Das Bild zeigt ein Karunkelnävus im linken Auge. Das ist ein Muttermal im inneren Lidwinkel des Auges.
    Abbildung 2: Die Kontrollaufnahme nach einem Jahr zeigt keine Veränderung – es gibt keinen Hinweis auf eine bösartige Entartung des Tumors.
    Abbildung 3: Dies ist ein Foto der Netzhaut eines Patienten mit proliferativer Diabetischer Retinopathie. In der Mitte des Bildes ist die Stelle des schärfsten Sehens zu sehen (Makula), links davon der Sehnervenkopf (Papille), noch weiter links, zur Nase hin, finden sich Gefäßneubildungen (Neovaskularisationen).
    Abbildung 4: Sechs Monate später haben die Neovaskularisationen massiv zugenommen, ebenso vitreomakuläre Traktionen. Das heißt, aufgrund von Veränderungen im Glaskörper des Auges wird Zug auf die Netzhaut ausgeübt. Die Gefahr einer Netzhautablösung nimmt zu.



    Dr. med. Peter Heinz
    1. Vorsitzender des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands e.V.
    Tersteegen Str. 12
    40474 Düsseldorf 
    Tel.: 02 11/4 30 37 00
    Fax: 02 11/4 30 37 20
    E-Mail: bva@augeninfo.de
    www.augeninfo.de


    Gentherapie bei Netzhautdegeneration
    Was ist heute möglich? Wie geht es weiter?

    Es ist selten, doch es kommt vor: Ein Kind wird mit einem Gendefekt geboren, der dazu führt, dass es schon früh erblindet. Bisher mussten sich die betroffenen Familien damit abfinden und Strategien entwickeln, mit denen diese Kinder ihr Leben auch ohne Augenlicht meistern können. Augenärzte waren machtlos. Mit Hilfe der Gentherapie möchten sie künftig den Betroffenen helfen: Eine Injektion unter die Netzhaut sorgt dafür, dass Kopien des gesunden Gens in die erkrankten Zellen des Auges „eingebaut“ werden. Das Ziel: Ein Mensch, der sonst unweigerlich erblindet wäre, behält sein Augenlicht.

    Erste Gentherapie 2017 zugelassen
    2017 kam das erste Medikament auf den Markt, mit dem dies bei einer seltenen, genetisch bedingten Augenerkrankung gelingen soll. „Voretigene neparvovec“, so der komplizierte Name des Wirkstoffs, ist zur Behandlung von Netzhautdystrophien durch Mutationen im RPE65-Gen zugelassen. Diese Krankheit trifft etwa einen von 200000 Menschen. Erst vor zwei Jahrzehnten, im Jahr 1997, hatten Forscher entdeckt, dass Mutationen im RPE65-Gen zu einer im Kindesalter beginnenden Netzhauterkrankung führen, welche auch als Lebersche kongenitale Amaurose bezeichnet wird. Die Mutationen sorgen für Veränderungen bei einem Enzym, das für die Erneuerung des Rhodopsins (Sehpurpur) wichtig ist. In der Folge sterben die Zellen der Netzhaut ab. Die Betroffenen zeigen schon in der frühen Kindheit Zeichen der Krankheit und klagen über Dunkelsehprobleme, wobei das Spektrum der Erkrankung sehr breit ist und manche Erkrankten noch bis ins Erwachsenenalter eine gut erhaltene zentrale Sehfunktion aufweisen. Die vor zwei Jahren zugelassene Behandlung gibt Anlass zur Hoffnung, dass die Patienten zumindest ein gewisses Sehvermögen behalten – allerdings fehlen noch Erfahrungen, ob der Erfolg der Therapie auch langfristig, über viele Dekaden anhält.

    Beispielhafte Entwicklung
    Für Wissenschaftler machten einige Umstände die Lebersche kongenitale Amaurose besonders interessant, um die Entwicklung einer Gentherapie beispielhaft zu testen: Nur ein einziger Gendefekt muss „repariert“ werden, was es leichter macht, ein Medikament dafür zu entwickeln. Zudem geschieht die Behandlung im Augeninneren, das für die Ärzte leicht zugänglich ist. Nur wenig Flüssigkeit muss hierfür unter die Netzhaut injiziert werden, und das Risiko, dass das Medikament das Auge verlässt und im Körper zirkuliert, ist sehr gering. Auswirkungen auf den gesamten Körper sind daher kaum zu befürchten. Hinzu kommt eine besondere Eigenschaft des Auges, sein „Immunprivileg“, aufgrund dessen keine Abwehrreaktionen eintreten.

    Viren als „Gentaxis“
    Um das Medikament zu den Zielzellen zu bringen, ist die Entfernung des Glaskörpers, eine sogenannte Vitrektomie, nötig. Dies ist ein standardisierter, häufiger Eingriff an Netzhautzentren. Unter sterilen Bedingungen findet anschließend eine Injektion ins Innere des Auges statt. Das Ganze dauert nur eine halbe Stunde. Bei dem Medikament handelt es sich um speziell programmierte Viren, die als „Gentaxis“ ins Auge geschickt werden. Im Labor werden dafür Adeno-assoziierte Viren entwickelt, in die das gesunde Gen verpackt wird. Die Viren schleusen dieses korrekte Gen direkt in die Zielzelle, das retinale Pigmentepithel, um so dauerhaft ihr Überleben zu ermöglichen.

    Erfolg ein Jahr nach der Behandlung war Grundlage für die Zulassung
    Für die Zulassung des Medikaments – der ersten Gentherapie am Auge, die jemals auf den Markt kam – war eine Studie mit nur 31 Patienten ausschlaggebend. Da die Erkrankung so selten ist, sind große Studien mit Hunderten oder gar Tausenden Patienten, wie man sie von anderen Medikamenten kennt, nicht möglich. 21 der Studienteilnehmer erhielten die neue Behandlung, 10 weitere Patienten dienten als Kontrollgruppe. Untersucht wurde, wie die Patienten ein Jahr nach der Behandlung in einem speziellen Test abschnitten, dem „multi-luminance mobility test“ (MLMT). Dabei durchlaufen die Teilnehmer einen Parcours mit unterschiedlichen Hindernissen bei verschiedenen Lichtverhältnissen. Zusätzlich wurden die Sehschärfe und viele weitere Parameter der Patienten kontrolliert. Die behandelten Patienten meisterten den Parcours nach einem Jahr deutlich besser als die Patienten der unbehandelten Kontrollgruppe. Auch die Sehschärfe war nach der Behandlung besser als bei den nicht behandelten Patienten. Schwerwiegende Nebenwirkungen der Therapie traten nicht auf.
    Damit konnte bewiesen werden, dass die Gentherapie wirkt. Ob der Effekt auch langfristig anhält, ist allerdings noch abzuwarten, dafür ist die Behandlungsmethode noch zu neu. Zu wünschen ist, dass die Patienten für den Rest ihres Lebens von dieser einmaligen Injektion profitieren. 

    Herausforderung für das Gesundheitssystem
    Der Preis, den das Gesundheitssystem für die Behandlung zu zahlen hat, ist hoch: 345000 Euro fordert der Hersteller für jede einzelne Injektion. Diese Kosten rechtfertigen eine hohe Erwartung und stellen eine Herausforderung für jedes Gesundheitssystem dar – zumal weiterhin neue, zum Teil noch wesentlich teurere Gentherapien auf den Markt kommen. Als Rechtfertigung für den hohen Preis verweisen die Hersteller auf die aufwendige Entwicklung und die meist geringe Zahl an Patienten. 

    Weiter Weg vom Symptom zur Behandlung
    Der Weg vom Symptom zur Behandlung ist weit: Eine Krankheit wird zunächst anhand der Symptome, die sie hervorruft, und anhand der messbaren Veränderungen der Augen definiert. Aufbauend auf diesem Phänotyp machen sich die Forscher dann auf die Suche nach den zugrundeliegenden Gendefekten. Erst wenn sie diese identifiziert haben, können sie ein Produkt entwickeln, um diese Defekte zu reparieren. Hat man eine Therapie gefunden, wird sie – wie andere Behandlungen auch – zunächst im Tiermodell und anschließend in klinischen Studien an Menschen erprobt. Dabei kommen die meisten Therapieansätze nicht in die „Endrunde“: In den sogenannten Phase-III-Studien geht es um eine Zulassung für die allgemeine Versorgung der Patienten. 

    Vorbild für weitere Medikamente
    Es ist zu hoffen, dass nach dem Vorbild der ersten Gentherapie weitere Medikamente entwickelt werden, die bei anderen erblichen Augenerkrankungen eingesetzt werden können. Beispielsweise wird derzeit eine Gentherapie für die Krankheit Choroideremie entwickelt. Diese Krankheit wird durch eine Genveränderung auf dem X-Chromosom hervorgerufen und tritt, da Männer nur ein X-Chromosom haben, fast nur bei Männern auf. Betroffen ist etwa ein Mensch von 50000. 

    Gentherapie gegen die feuchte AMD?
    Ein etwas anderes Ziel verfolgt eine weitere Neuentwicklung, die sehr vielen Patienten zugutekommen könnte: In ersten Studien wird untersucht, ob sich eventuell auch die feuchte Altersabhängige Makuladegeneration mit einer Gentherapie behandeln lässt. Bisher erhalten Patienten mit dieser Augenerkrankung immer wieder Medikamentengaben ins Auge, um die Erblindung zu verhindern. Mit einer Gentherapie, so der neue Ansatz, könnten die Netzhautzellen so verändert werden, dass sie selbst einen Wirkstoff produzieren. In das Erbgut der Zellen wird eine neue DNA-Sequenz eingebaut. In der Folge produziert die Zelle einen dem Aflibercept ähnlichen Wirkstoff. Eine erste klinische Studie mit betroffenen Patienten fand bereits statt. Wenn sich das Konzept bewährt, müssten Patienten künftig nur noch einmal behandelt werden und nicht alle paar Wochen eine Injektion erhalten. Der organisatorische Aufwand und die Belastung für die Betroffenen ließen sich damit deutlich verringern.

    Fazit
    Die erste zugelassene Gentherapie am Auge gibt Patienten mit einer seltenen, genetisch bedingten Augenerkrankung Hoffnung: Mit einer einmaligen Behandlung wird der Gendefekt in den Netzhautzellen „repariert“ und so die Degeneration der lichtempfindlichen Schicht im Auge gestoppt. Nach dem Vorbild dieser neuartigen Behandlung sollen nun auch Therapien für andere erbliche Augenerkrankungen entwickelt werden. Ein weiterer Ansatz zielt darauf ab, dass im Auge selbst Wirkstoffe produziert werden – etwa gegen die feuchte Form der Altersabhängigen Makuladegeneration. Gentherapien sind ein neues, noch junges Behandlungskonzept, das allmählich seinen Weg in die Gesundheitsversorgung findet. Damit verbunden sind hohe Kosten, die eine erhebliche Herausforderung für das Gesundheitssystem darstellen.


    Abbildung 1: Dies ist das Foto der Netzhaut eines an Choroideremie erkrankten Patienten. Man erkennt den Sehnerv und die von ihm ausgehenden Blutgefäße. Im Zentrum ist eine Restinsel mit weitestgehend intakter Netzhaut zu erkennen. Die weiter zum Rand hin gelegene Netzhaut ist vollständig verkümmert (atrophiert), sodass man die Blutgefäße der Aderhaut (Choroidea) erkennt.

    Abbildung 2: Netzhautfoto eines Patienten mit Retinitis pigmentosa. Neben dem auffälligen Reflex der Makula erkennt man in den Randbereichen Pigmentierungen, sogenannte Knochenbälkchen; hier ist die Netzhaut bereits geschädigt.



    Dr. Philipp Herrmann, PhD, FEBO
    Oberarzt und Leiter der Sprechstunde für seltene Netzhauterkrankungen
    Universitätsaugenklinik Bonn
    Ernst-Abbe-Straße 2
    53127 Bonn
    Tel.: 0228/287 15505
    Fax: 0228/287 14817
    E-Mail: Philipp.Herrmann@ukbonn.de

     


    Mit Gentherapie das Augenlicht retten
    Kurzfassung

    Mit Hilfe der Gentherapie möchten Augenärzte Patienten helfen, deren Augenlicht aufgrund eines Gendefekts bedroht ist. 2017 wurde das erste Medikament zugelassen, mit dem eine genetisch bedingte Augenkrankheit behandelt wird. Mutationen im RPE65-Gen führen bei etwa einem von 200000 Menschen dazu, dass die Zellen der Netzhaut absterben. Die Mutationen sorgen für Funktionsstörungen bei einem Enzym, das für die Erneuerung des Rhodopsins (Sehpurpur) und damit für das Funktionieren und Überleben der Zellen wichtig ist. Die vor zwei Jahren zugelassene Behandlung für die Lebersche kongenitale Amaurose gibt Anlass zur Hoffnung, dass den Patienten zumindest ein gewisses Sehvermögen erhalten bleibt – allerdings fehlen noch Erfahrungen, ob der Erfolg der Therapie langfristig, über viele Dekaden, anhält.
    Bei dem Medikament handelt es sich um speziell programmierte Viren, die als „Gentaxis“ ins Auge injiziert werden. Diese Viren werden im Labor entwickelt und enthalten das gesunde Gen. Um das Medikament ins Auge zu transportieren, wird der Glaskörper im Augeninneren entfernt, dann folgt die Injektion unter die Netzhaut. Der Eingriff dauert etwa eine halbe Stunde. Die Viren schleusen dann das gesunde Gen in die Zielzellen, das retinale Pigmentepithel. 
    Für die Zulassung des Medikaments war eine Studie mit 31 Patienten ausschlaggebend. 21 Studienteilnehmer erhielten die neue Behandlung, 10 weitere Patienten dienten als Kontrollgruppe. Ein Jahr nach der Behandlung absolvierten die Patienten einen speziellen Test, bei dem sie einen Parcours mit unterschiedlichen Hindernissen bei verschiedenen Lichtverhältnissen durchliefen. Die behandelten Patienten meisterten diesen Parcours deutlich besser als die Patienten in der unbehandelten Kontrollgruppe. Auch die Sehschärfe war bei den behandelten Patienten besser als bei den nicht behandelten Patienten.
    Der Preis, den das Gesundheitssystem für die Behandlung zu zahlen hat, ist hoch: 345000 Euro fordert der Hersteller für jede einzelne Injektion – unter Verweis auf die aufwendige Entwicklung und die geringe Zahl an Patienten.
    Nach dem Vorbild der ersten Gentherapie lassen sich hoffentlich weitere Medikamente entwickeln, die bei anderen erblichen Augenerkrankungen eingesetzt werden können. Aktuell laufen verschiedene klinische Studien, die zur Zulassung von weiteren Medikamenten führen könnten.
    Eine weitere Neuentwicklung verfolgt ein etwas anderes Ziel: In ersten Studien wird untersucht, ob sich auch die feuchte Altersabhängige Makuladegeneration mit einer Gentherapie behandeln lässt. Bisher erhalten Patienten mit dieser Erkrankung immer wieder Medikamentengaben ins Auge, um die Erblindung zu verhindern. Nun wird untersucht, ob Netzhautzellen mittels Gentherapie so verändert werden können, dass sie selbst einen Wirkstoff produzieren. Eine erste klinische Studie mit betroffenen Patienten fand bereits statt. Bewährt sich das Konzept, dann könnten viele Patienten davon profitieren – sie müssten nur noch einmal behandelt werden und nicht alle paar Wochen.


    Neue Leitlinie zu Risikofaktoren des Offenwinkelglaukoms
    Wer ist gefährdet?

    Man wird blind und merkt es nicht. Kann das sein? Leider ja: Das Glaukom (Grüner Star) ist eine tückische Erkrankung. Fachleute definieren sie als eine langsam voranschreitende Erkrankung des Sehnervs. Kennzeichnend sind der Verlust von retinalen Ganglienzellen und deren Fortsätzen (Axone). Die Folge sind blinde Flecken im Gesichtsfeld des Auges, zunächst am Rand, erst sehr spät ist auch das zentrale Sehen betroffen. Erst in fortgeschrittenem Stadium dieser Erkrankung bemerken die Patienten selbst Symptome. Doch zu diesem Zeitpunkt ist bereits ein großer Teil des Sehnervs zerstört – und das ist ein Verlust, der sich nicht rückgängig machen lässt. Häufig besteht dann bereits eine Fahruntauglichkeit.
    Augenärzte werden deshalb nicht müde, für die Glaukomfrüherkennung zu werben. Sie ist die einzige Möglichkeit, die Erkrankung schon früh zu entdecken, noch ehe es zu gravierenden Schäden gekommen ist. Nur wenn die Diagnose rechtzeitig gestellt wird, kann das weitere Fortschreiten des Glaukoms aufgehalten oder verzögert werden. Eine Heilung ist nicht möglich, ebenso wenig können bereits aufgetretene Ausfälle im Gesichtsfeld wieder rückgängig gemacht werden. 

    Glaukomfrüherkennung – für wen und in welchen Abständen?
    Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für diese Früherkennungsuntersuchung aufgrund fehlender Daten nicht. Augenärzte können sie nur als Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) anbieten. Der von den Krankenkassen initiierte IGeL-Monitor bewertet den Nutzen dieser Früherkennung immer wieder kritisch. 
    Mit einer neuen Leitlinie bewerten die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) und der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA) nun Risikofaktoren für das Auftreten des Offenwinkelglaukoms. Sie geben Empfehlungen, welchen Patienten die Früherkennungsuntersuchung angeboten und in welchen Abständen die Untersuchung wiederholt werden soll. Die neue Leitlinie wird auf der Internetseite der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) veröffentlicht. Grundlagen sind eine systematische Recherche, die Auswahl und die Bewertung der wissenschaftlichen Belege zu den Risikofaktoren des Offenwinkelglaukoms. Sie schafft Klarheit und bietet Ärzten und Patienten Orientierungsmöglichkeiten.

    Verschiedene Formen: Offenwinkel- und Winkelblockglaukom
    Es gibt verschiedene Formen des Glaukoms, die weitaus häufigste ist das Offenwinkelglaukom. Im Auge selbst wird andauernd eine klare Flüssigkeit gebildet, die die Augenlinse und die Hornhaut mit Nährstoffen versorgt: das Kammerwasser. Es fließt über den Kammerwinkel, den die Hornhaut des Auges und die Regenbogenhaut bilden, wieder aus dem Auge ab. 
    Ist dieser Kammerwinkel blockiert, dann kommt es sehr schnell zu einem starken Anstieg des Augeninnendrucks, weil das Kammerwasser nicht mehr abfließen kann. Die Betroffenen haben starke Schmerzen und sehen verschwommen. Dieses Winkelblockglaukom ist ein augenärztlicher Notfall, der schnellstmöglich behandelt werden muss, damit das Auge nicht erblindet. Es ist jedoch vergleichsweise selten. 
    Das Gros der Glaukomerkrankungen entfällt auf das Offenwinkelglaukom. Hier ist der Kammerwinkel offen, aber dennoch leidet der Sehnerv langfristig unter einem individuell zu hohen Augeninnendruck. Hierzu wurde die Literatur systematisch bewertet.

    Inzidenz und Prävalenz
    Für Menschen im Alter von 40 bis 80 Jahren liegt die Wahrscheinlichkeit, innerhalb der nächsten fünf Jahre an einem Glaukom zu erkranken, bei 0,5 bis 1,5 Prozent. Das zeigt eine Auswertung mehrerer Studien, wobei eine große Streubreite beobachtet wurde. Es gab methodische Unterschiede zwischen den Studien, verschiedene Zeitintervalle wurden beurteilt und auch die Definition des Glaukoms unterschied sich. Die Prävalenz des Glaukoms – also der Anteil der Bevölkerung, der an der Krankheit leidet – liegt in Europa in der Altersgruppe der 40- bis 80-Jährigen bei 2,93 Prozent. Die Mehrheit dieser Erkrankungen entfällt auf das Offenwinkelglaukom.

    Risikofaktoren 
    In wissenschaftlichen Untersuchungen wurden verschiedene Risikofaktoren beschrieben, die mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit einhergehen, an einem Glaukom zu erkranken. 
    Alter: Mit steigendem Alter lässt sich eine Zunahme der Neuerkrankungen beobachten: Im Vergleich zu 40- bis 49-jährigen Menschen erkranken 50- bis 59-jährige zweifach häufiger an einem Offenwinkelglaukom, 60- bis 69-jährige dreifach häufiger und über 70-jährige Menschen vierfach häufiger. Die Prävalenz des Offenwinkelglaukoms nimmt dementsprechend mit dem Alter zu: 0,4 Prozent der 40-Jährigen sind betroffen, aber schon 0,7 Prozent der 50-Jährigen, 1,4 Prozent der 60-Jährigen, 2,7 Prozent der 70-Jährigen, 5,3 Prozent der 80-Jährigen und 10 Prozent der 90-jährigen Menschen.
    Verwandte ersten Grades leiden am Glaukom: Personen, deren Eltern an einem Glaukom leiden, haben ein zweifach erhöhtes Risiko, selbst an einem Glaukom zu erkranken. 
    Augeninnendruck: Verschiedene Studien belegen, dass ein erhöhter Augeninnendruck ein wichtiger Risikofaktor ist. Wenn der Augeninnendruck 24 mmHg oder mehr beträgt, dann beträgt die Wahrscheinlichkeit, in den nächsten fünf Jahren an einem Glaukom zu erkranken, 9,5 Prozent.
    Kurzsichtigkeit: Wenn eine Kurzsichtigkeit von mindestens -4 Dioptrien besteht, ist das Risiko, in den nächsten zehn Jahren an einem Glaukom zu erkranken, zwei- bis dreimal so hoch wie bei Personen mit normalsichtigen Augen. Bei höherer Kurzsichtigkeit steigt auch das Risiko weiter an.
    Pseudoexfoliatio lentis: Kennzeichnend für die Pseudoexfoliatio lentis sind feine Ablagerungen auf der Linse und im Kammerwinkel, die den Abfluss des Kammerwassers hemmen. Liegen diese vor, dann besteht ein vier- bis sechsfach erhöhtes Risiko für ein Offenwinkelglaukom.
    Weitere assoziierende Faktoren, die mit einer erhöhten Prävalenz des Offenwinkelglaukoms einhergehen, sind das Geschlecht – Männer sind 1,3-fach häufiger betroffen -, dunkle Hautfarbe sowie die Behandlung mit Steroiden.

    Nutzen der Früherkennung
    Zwei Tatsachen sprechen für den Nutzen einer Früherkennungsuntersuchung: Erstens bemerkt die überwiegende Mehrzahl der betroffenen Patienten erst in einem späten Stadium, dass mit ihren Augen etwas nicht in Ordnung ist. Dann sind häufig schon schwere Einbußen des Sehvermögens eingetreten, die nicht wieder gut gemacht werden können. Zweitens kann das Glaukom besser behandelt werden, wenn es schon in einem frühen Stadium entdeckt wird. Mit Augentropfen, Lasereingriffen oder chirurgischen Maßnahmen kann das Fortschreiten meist aufgehalten oder verzögert werden. 

    Was gehört zur Früherkennungsuntersuchung beim Glaukom?
    Um das Glaukom schon im Frühstadium zu erkennen, ist eine Kombination verschiedener Methoden sinnvoll. Wesentlich ist die Untersuchung der Papille beider Augen. Die Papille ist die Stelle am Augenhintergrund, an der der Sehnerv das Auge verlässt. Bei einem Glaukom ist dort eine Aushöhlung und eine Reduktion der Nervenfasern zu erkennen, die für den Verlust an Nervenzellen typisch ist. Zu dieser Untersuchung, die Augenärzte mit ihrem Spezialmikroskop, der Spaltlampe, ausführen, kommt die Messung des Augeninnendrucks. Beide Untersuchungen sind für die Patienten wenig belastend, sie gehören zu den augenärztlichen Routineuntersuchungen.
    Wichtig ist es zudem, die Patienten über den Nutzen und die Risiken der Früherkennung zu informieren und ihnen zu erläutern, wie das weitere Vorgehen im Falle eines positiven Befunds ist. 

    Wem soll die Früherkennungsuntersuchung angeboten werden?
    Die Autoren der Leitlinie kamen zu dem Schluss, dass allen Personen ab dem 40. Lebensjahr die Glaukomfrüherkennungsuntersuchung angeboten werden soll. 

    Wie oft soll die Untersuchung wiederholt werden?
    In der Altersgruppe zwischen 40 und 59 Jahren sollte die Untersuchung alle fünf Jahre wiederholt werden, ab dem Alter von 60 Jahren alle zwei bis drei Jahre – vorausgesetzt, dass zusätzlich zum Alter kein weiterer Risikofaktor vorliegt. 
    Wenn ein weiterer Risikofaktor vorliegt, dann sollte im Falle eines negativen Untersuchungsergebnisses der Abstand zur nächsten Untersuchung auf zwei bis drei Jahre bei Menschen ab 40 Jahren und auf ein Jahr bei Menschen ab 60 Jahren verkürzt werden. Beim Vorliegen von drei oder mehr Risikofaktoren sollten bereits Personen ab dem Alter von 40 Jahren jährlich untersucht werden. Liegt eine Pseudoexfoliatio lentis vor oder besteht ein Augeninnendruck von 25 mmHg oder mehr, dann sollte die Früherkennungsuntersuchung mindestens einmal pro Jahr erfolgen.

    Evidenz und Expertenkonsens
    Zu einigen Aussagen der Leitlinie gibt es keine Studien, aus denen sich die Empfehlungen zuverlässig ableiten lassen. Die Qualität der Evidenz ist beim Thema Risikofaktoren für ein Offenwinkelglaukom moderat, insbesondere bei der Übertragung in die Glaukomfrüherkennung gibt es ein nicht unerhebliches Ausmaß an Unsicherheit. Dennoch gibt die Leitlinie klare Empfehlungen. Sie berücksichtigt auch die Folgen, die zu erwarten sind, falls Untersuchungen unterbleiben. Aus ethischer Sicht wiegen nach Ansicht der Autoren die Folgen eines nicht oder zu spät entdeckten Glaukoms schwerer als die Folgen eines Glaukomverdachts, der sich bei weitergehenden Untersuchungen als unbegründet erweist. 

    Fazit
    Das Offenwinkelglaukom ist eine langsam fortschreitende Krankheit, die unbehandelt zur Erblindung führen kann. Die Betroffenen selbst bemerken Symptome erst in einem späten Stadium der Krankheit, zu diesem Zeitpunkt eingetretene Schäden lassen sich nicht wieder rückgängig machen. Wird die Krankheit hingegen rechtzeitig erkannt, besteht die Möglichkeit, ihr Fortschreiten meist aufzuhalten oder zu verzögern. Die neue Leitlinie fasst das verfügbare Wissen über die Risikofaktoren des Offenwinkelglaukoms zusammen und leitet daraus Empfehlungen ab, welchen Personen eine Früherkennungsuntersuchung angeboten werden soll und in welchen Zeitabständen eine Wiederholung sinnvoll ist.

    Prof. Dr. Alexander Schuster
    Augenklinik und Poliklinik 
    Universitätsmedizin Mainz
    Langenbeckstr. 1
    55131 Mainz
    Tel.: 06131/17 7607
    Fax: 06131/17 477 607
    E-Mail: alexander.schuster@unimedizin-mainz.de

    Glaukomfrüherkennung – für wen und wie oft?
    Kurzfassung

    Das Glaukom ist eine langsam voranschreitende Erkrankung des Sehnervs. Kennzeichnend sind der Verlust von retinalen Ganglienzellen und deren Fortsätzen (Axone). Die Folge sind blinde Flecken im Gesichtsfeld des Auges, zunächst am Rand, erst sehr spät ist auch das zentrale Sehen betroffen. Die häufigste Krankheitsform ist das Offenwinkelglaukom. Erst in fortgeschrittenem Stadium dieser Erkrankung bemerken die Patienten selbst Symptome.
    Die Früherkennungsuntersuchung ist die einzige Möglichkeit, die Erkrankung rechtzeitig zu entdecken, noch ehe es zu gravierenden Schäden gekommen ist. Nur wenn die Diagnose rechtzeitig gestellt wird, kann das weitere Fortschreiten des Glaukoms aufgehalten oder verzögert werden.
    Mit einer neuen Leitlinie bewerten die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) und der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA) nun die Risikofaktoren für das Auftreten des Offenwinkelglaukoms. Sie geben Empfehlungen, welchen Patienten die Früherkennungsuntersuchung angeboten und in welchen Abständen die Untersuchung wiederholt werden soll. Die neue Leitlinie wird auf der Internetseite der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) veröffentlicht. Grundlagen sind eine systematische Recherche, die Auswahl und die Bewertung der wissenschaftlichen Belege zu den Risikofaktoren des Offenwinkelglaukoms. Sie schafft Klarheit und bietet Ärzten und Patienten Orientierungsmöglichkeiten.
    Der wichtigste Risikofaktor für das Auftreten eines Offenwinkelglaukoms ist das Alter: Im Vergleich zu 40- bis 49-jährigen Menschen erkranken Menschen über 70 Jahren vierfach häufiger. Personen, deren Eltern an einem Glaukom leiden, haben ein zweifach erhöhtes Risiko, selbst zu erkranken. Ein weiterer Risikofaktor ist der Augeninnendruck: Beträgt er 24mmHg oder mehr, dann liegt die Wahrscheinlichkeit, in den nächsten fünf Jahren an einem Glaukom zu erkranken, bei 9,5 Prozent. Schließlich ist das Risiko bei einer Kurzsichtigkeit von -4 Dioptrien oder mehr erhöht, ebenso, wenn eine Pseudoexfoliatio lentis vorliegt – das sind Ablagerungen auf der Linse und im Kammerwinkel des Auges.
    Die Leitlinie empfiehlt, dass die Glaukomfrüherkennung allen Personen ab dem 40. Lebensjahr angeboten werden soll. Die Untersuchung sollte alle fünf Jahre wiederholt werden, ab dem Alter von 60 Jahren alle zwei bis drei Jahre. Wenn ein weiterer Risikofaktor vorliegt, dann soll bei einem negativen Untersuchungsergebnis der Abstand zur nächsten Untersuchung auf zwei bis drei Jahre bei Menschen ab 40 Jahren und auf ein Jahr bei Menschen ab 60 Jahren verkürzt werden. Beim Vorliegen von drei oder mehr Risikofaktoren sollten schon Personen ab dem Alter von 40 Jahren jährlich untersucht werden. Liegt eine Pseudoexfoliatio lentis vor oder ein Augeninnendruck von 25mmHg oder mehr, dann sollte die Früherkennungsuntersuchung mindestens einmal pro Jahr erfolgen.


    Refraktiver Linsentausch
    Was empfiehlt die Kommission Refraktive Chirurgie?

    Immer mehr Menschen sind für eine klare Sicht auf Sehhilfen angewiesen, seien es Brillen oder Kontaktlinsen. Ihre Nutzung empfinden viele jedoch als umständlich und als Einschränkung ihrer Lebensqualität. Augenärzte können dann häufig mit chirurgischen Eingriffen den Sehfehler dauerhaft korrigieren und die gewünschte Unabhängigkeit von der Sehhilfe ermöglichen. Da bei diesen Eingriffen die Brechkraft (Refraktion) des Auges verändert wird, ist von refraktiver Chirurgie die Rede. Eine ganze Reihe von Verfahren steht zur Verfügung, sodass für jeden Patienten, für jedes Auge die individuell passende Lösung gefunden werden kann. Eine Möglichkeit ist der refraktive Linsentausch, das ist der Austausch der körpereigenen Linse gegen ein Kunststoffimplantat (Intraokularlinse). 

    Besondere Sorgfalt
    Refraktive Eingriffe sind elektive Behandlungen, die nicht zwingend notwendig sind. Zudem werden operative Techniken eingesetzt, die nicht als allgemein anerkannte Heilverfahren gelten. Hier ist daher eine besondere Sorgfalt hinsichtlich der Indikationsstellung, der Beratung und der Aufklärung der Patienten und auch der Ausführung des Eingriffs geboten. 

    Kommission Refraktive Chirurgie
    Der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA) und die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft bewerten seit dem Jahr 1995 die Verfahren der refraktiven Chirurgie regelmäßig und veröffentlichen die jeweils aktuellen Empfehlungen auf der Internetseite der Kommission Refraktive Chirurgie (KRC): http://www.aad.to/krc/qualit.pdf. Die Kommission formuliert Empfehlungen zur Qualitätssicherung der neuen Verfahren und bietet theoretische und praktische Kurse für Augenchirurgen an. Die Ärzte, die an diesen Kursen regelmäßig und mit Erfolg teilnehmen, werden in eine Anwenderliste aufgenommen, die den Patienten als Orientierungshilfe dient. Bei diesen Augenchirurgen können Patienten, die einen refraktiven Eingriff erwägen, sicher sein, dass die Qualitätsstandards eingehalten werden.

    Eingriffe an der Hornhaut oder an der Linse
    Um die Brechkraft des Auges zu verändern, setzen die Verfahren entweder an der Hornhaut des Auges an oder an der Linse, die beide wesentlich zur Brechkraft des Auges beitragen. Bei den hornhautchirurgischen Verfahren wird meist Hornhautgewebe mit einem Laser abgetragen. Alternativ dazu können zusätzlich zur körpereigenen Linse sogenannte phake Linsen ins Auge eingesetzt werden, oder die körpereigene Linse wird entfernt und durch ein Implantat ersetzt.

    Für welche Patienten kommt ein refraktiver Linsentausch in Frage?
    Die KRC sieht den refraktiven Linsentausch vor allem als Option für Patienten, bei denen neben einer Kurz- oder Weitsichtigkeit auch eine Alterssichtigkeit (Presbyopie) vorliegt, oder für Patienten, die „nur“ alterssichtig sind. Die Presbyopie tritt auf, wenn das Auge mit zunehmendem Alter die Fähigkeit verliert, sich an unterschiedliche Sehentfernungen anzupassen. Junge Augen akkommodieren, das heißt, sie können durch eine Verformung der Linse ihre Brechkraft so anpassen, dass bisweilen Gegenstände in der Nähe, dann wieder weit entfernte Gegenstände scharf gesehen werden. Etwa im fünften Lebensjahrzehnt geht diese Fähigkeit verloren. Normalsichtige Menschen benötigen dann eine Lesebrille, um Gegenstände in der Nähe scharf erkennen zu können. Wird die körpereigene Linse gegen ein Implantat ausgetauscht, geht eine eventuell noch vorhandene Akkommodationsfähigkeit verloren. Jüngeren Menschen, die noch nicht presbyop sind, wird ein refraktiver Linsentausch deshalb nur in Ausnahmefällen bei einer hohen Kurzsichtigkeit von mehr als -6 Dioptrien oder einer hohen Weitsichtigkeit von mehr als vier Dioptrien empfohlen.

    Wie läuft der Eingriff ab?
    Das Vorgehen beim refraktiven Linsentausch ist dasselbe wie in der modernen Kataraktchirurgie, bei der die körpereigene Linse, wenn sie trüb geworden ist, durch ein Implantat ersetzt wird. Die Hornhaut wird am Rand mit einem nur wenige Millimeter breiten Schnitt eröffnet. Dann wird die körpereigene Linse mit Hilfe von Ultraschall oder Laser zerkleinert und abgesaugt. Anschließend wird eine Intraokularlinse (IOL) durch den Hornhautschnitt in das Auge eingeführt. Die modernen Linsen bestehen aus einem flexiblen Material, sodass sie für den Eingriff gefaltet werden können. Im Auge entfalten sie sich dann und nehmen den Platz der vorher entfernten Linse ein. Der Schnitt, mit dem die Hornhaut eröffnet wurde, muss nicht genäht werden, er schließt sich von selbst.
    Damit die IOL die Fehlsichtigkeit des Patienten möglichst exakt ausgleicht, wird das Auge vor der Operation genau untersucht und vermessen. Verschiedene Linsentypen stehen zur Auswahl. Bei der Entscheidung für den einen oder anderen Typ spielen auch die Erwartungen und Ansprüche des Patienten eine Rolle.
    Monofokale IOL ermöglichen scharfes Sehen in einer bestimmten Entfernung – etwa in der Ferne oder in der Nähe. Eine Unabhängigkeit von der Brille für alle Entfernungen ist damit allerdings nicht gegeben.
    Torische IOL gleichen einen Astigmatismus (Stabsichtigkeit) aus. Der Astigmatismus entsteht durch eine Hornhautverkrümmung. Die Augenoberfläche ist dann nicht wie eine Kugel geformt, sondern gleicht der Oberfläche eines Eis – in einer Achse ist die Krümmung stärker als in der senkrecht dazu gelegenen. Das führt dazu, dass Lichtstrahlen, die ins Auge fallen, nicht in einem Punkt gebündelt werden, sondern etwas verzerrt. Torische IOL sind so geformt, dass sie die Hornhautverkrümmung ausgleichen. Bei der Operation muss jedoch darauf geachtet werden, dass sie in der richtigen Position implantiert werden.
    Multifokale IOL verteilen das ins Auge einfallende Licht auf zwei oder drei Brennpunkte. So bietet eine trifokale IOL scharfe Sicht in der Nähe, in einem mittleren Sehabstand und in der Ferne. Allerdings sind Einschränkungen beim Dämmerungssehen möglich, und auch störende Phänomene wie Halos – um eine Lichtquelle herum wird ein Lichtkranz wahrgenommen – können die Folge sein. 
    EDOF IOL (extended depth of focus) verteilen das Licht auf einen größeren Fokusbereich, sie können eine Alternative zu multifokalen IOL sein.

    Welche Vorteile hat das Verfahren?
    Augenärzte verfügen über eine große Erfahrung bei der Implantation von IOL – schätzungsweise 700000 Mal findet dieser Eingriff pro Jahr in Deutschland statt. Die Techniken werden immer weiter entwickelt, sodass die Möglichkeiten, eine Fehlsichtigkeit auszugleichen, immer besser werden. Gerade für presbyope Menschen oder für Menschen, bei denen bereits eine beginnende Linsentrübung festzustellen ist, kann der refraktive Linsentausch eine Option sein. 

    Welche Risiken sind zu beachten?
    Wie bei jedem Eingriff sind auch beim refraktiven Linsentausch Nebenwirkungen und Risiken zu beachten. Einige Monate bis Jahre nach der Operation kann es zu einer sekundären Trübung hinter der Kunstlinse kommen. Dieser Nachstar kann ohne erneute Eröffnung des Auges mit Hilfe eines Lasers einfach behandelt werden. Bei der Operation selbst wird das Auge eröffnet. In extrem seltenen Fällen kann es dabei zu einer Infektion im Augeninneren kommen, die zur Erblindung des Auges führen kann. Bei kurzsichtigen Augen wird durch den refraktiven Linsentausch das Risiko einer Netzhautablösung erhöht. Wenn beide Augen eines Patienten operiert werden sollen, dann sollten die beiden Eingriffe nicht am selben Tag stattfinden, rät die KRC.

    Fazit
    Die Verfahren der Kataraktchirurgie sind so sicher und ausgereift, dass es heute möglich ist, den Linsentausch bei noch nicht am Grauen Star erkrankten Menschen als refraktiven Eingriff auszuführen. Dieser refraktive Linsentausch kommt vor allem für presbyope Patienten in Frage, die von Sehhilfen unabhängig sein wollen. Hohe Qualitätsstandards und eine eingehende Beratung der Patienten sind bei einem solchen elektiven Eingriff unerlässlich. Die KRC bewertet seit 1995 regelmäßig die Verfahren der refraktiven Chirurgie. Sie legt Qualitätsstandards fest und bietet Fortbildungskurse für die Anwender an, um die Sicherheit für die Patienten zu steigern.

    Univ.-Prof. Dr. med. Thomas Kohnen
    Direktor der Klinik für AugenheilkundeKlinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität
    Theodor-Stern-Kai 7 
    60590 Frankfurt am Main
    Tel.: 069/6301 5187
    Fax: 069/6301 6586
    E-Mail: info@uni-augenklinik-frankfurt.de

    Univ.-Prof. Dr. med. Thomas Kohnen ist 1. Vorsitzender der KRC

    Kunstlinsen korrigieren Sehfehler
    Kurzfassung

    Der Austausch der Augenlinse gegen ein Kunststoffimplantat kann heute auch Menschen, die noch nicht am Grauen Star erkrankt sind, empfohlen werden, um eine Fehlsichtigkeit auszugleichen. Dieser refraktive Linsentausch kommt vor allem für alterssichtige Patienten in Frage, die von Sehhilfen unabhängig sein möchten.
    Wie alle Eingriffe in der refraktiven Chirurgie ist auch diese Operation eine elektive Behandlung, die nicht zwingend notwendig ist. Deshalb ist hier besondere Sorgfalt hinsichtlich der Indikationsstellung, der Beratung und der Aufklärung der Patienten sowie der Ausführung des Eingriffs geboten.
    Der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA) und die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft haben die Kommission Refraktive Chirurgie gegründet, die seit 1995 die Verfahren der refraktiven Chirurgie regelmäßig bewertet und ihre Empfehlungen im Internet auf http://www.aad.to/krc/qualit.pdf veröffentlicht. Zudem formuliert die Kommission Empfehlungen zur Qualitätssicherung und bietet theoretische und praktische Kurse für Augenchirurgen an. Ärzte, die an diesen Kursen regelmäßig und mit Erfolg teilnehmen, werden in eine Anwenderliste aufgenommen. Sie dient den Patienten, die einen refraktiven Eingriff erwägen, als Orientierungshilfe.
    Das Vorgehen beim refraktiven Linsentausch entspricht dem in der modernen Kataraktchirurgie, bei der die trüb gewordene körpereigene Linse durch ein Implantat ersetzt wird. Vor dem Eingriff wird das Auge genau untersucht und vermessen. Zudem wird der Patient nach seinen Erwartungen und Ansprüchen befragt – auch dies spielt bei der Auswahl der Intraokularlinse (IOL) eine wichtige Rolle. Verschiedene Linsentypen stehen zur Verfügung: 

    • Monofokale IOL, die scharfes Sehen in einer bestimmten Entfernung ermöglichen,
    • Torische IOL, die einen durch eine Hornhautverkrümmung bedingten Sehfehler (Astigmatismus) ausgleichen,
    • Multifokale IOL, die scharfes Sehen in verschiedenen Entfernungen ermöglichen,
    • EDOF IOL (extended depth of focus), die das Licht auf einen größeren Fokusbereich verteilen.

    Beim Eingriff selbst wird die Hornhaut am Rand mit einem wenige Millimeter breiten Schnitt eröffnet. Die körpereigene Linse wird dann mit Hilfe von Ultraschall oder Laser zerkleinert und abgesaugt. Anschließend wird eine Intraokularlinse eingesetzt. Der Schnitt in der Hornhaut muss nicht genäht werden, er schließt sich von selbst.
    Wie bei jedem Eingriff sind auch beim refraktiven Linsentausch Nebenwirkungen und Risiken zu beachten. In extrem seltenen Fällen kann es bei der Operation zu einer Infektion im Augeninneren kommen, die zur Erblindung des Auges führen kann. Die KRC rät dazu, nicht beide Augen am selben Tag zu operieren. Einige Monate bis Jahre nach der Operation kann es zum Nachstar kommen, einer Trübung hinter der Kunstlinse. Sie kann ohne erneute Operation mit Hilfe eines Lasers einfach behandelt werden. Bei kurzsichtigen Augen erhöht der refraktive Linsentausch das Risiko einer Netzhautablösung. 
    Werden die von der KRC empfohlenen Qualitätsstandards eingehalten, ist der refraktive Linsentausch vor allem für Menschen, die trotz Alterssichtigkeit nicht auf eine Sehhilfe angewiesen sein möchten, ein gutes und sicheres Verfahren.


    Wenn Pollen die Augen reizen
    Allergische Konjunktivitis

    Vor allem im Frühjahr beginnt für viele Menschen eine Leidenszeit: Die Augen jucken, brennen und tränen, die Bindehaut ist rot und geschwollen. Hinzu kommen Niesanfälle und die Nase läuft. Was landläufig als Heuschnupfen bezeichnet wird, nennen Fachleute eine allergische Rhinokonjunktivitis. Diese saisonale Erkrankung ist die häufigste Form der allergischen Konjunktivitis. Sie beeinträchtigt das Befinden der Patienten zwar erheblich, jedoch meist nicht dauerhaft und ist in der Regel gut behandelbar. Das Spektrum allergischer Augenerkrankungen reicht jedoch bis hin zu ausgeprägten, chronischen Formen, die nur schwer in den Griff zu bekommen sind und sogar zur Erblindung führen können.

    Formen allergischer Konjunktivitis
    Die schon erwähnte allergische Rhinokonjunktivitis tritt – je nach Allergen – saisonal oder auch ganzjährig auf. Wenngleich es meistens Pflanzenpollen sind, die die Erkrankung auslösen, so gibt es jedoch auch andere Allergene, die das ganze Jahr über Probleme bereiten: Auch Schimmelsporen, Hausstaubmilben oder Tierschuppen können in der Bindehaut allergische Reaktionen hervorrufen. 
    Neben diesen akuten gibt es auch chronische Verlaufsformen: Die atopische Keratokonjunktivitis, den Frühlingskatarrh (Konjunktivitis vernalis), die Riesenpapillenkonjunktivitis sowie die kontaktallergische Konjunktivitis. Bei chronischen Formen, insbesondere der atopischen Keratokonjunktivitis und dem Frühlingskatarrh, kann die Hornhaut in Mitleidenschaft gezogen werden, was zu einer dauerhaften Beeinträchtigung des Sehvermögens führen kann.

    Ein häufiges Problem
    Schätzungen zufolge leiden bis zu 50 Prozent der europäischen Bevölkerung an einer Form der allergischen Konjunktivitis. In den vergangenen Jahrzehnten wurde eine Zunahme der Prävalenz beobachtet. Als mögliche Ursache hierfür wird unter anderem die zunehmende Luftverschmutzung genannt. Jedoch auch die Verbreitung des beifußblättrigen Traubenkrauts (Ambrosia) in Europa hat zur Zunahme von Allergien geführt. Rund 90 Prozent der Betroffenen leiden an einer saisonalen allergischen Konjunktivitis.

    Mehr als nur lästig
    Die Betroffenen klagen bei einer allergischen Konjunktivitis über juckende, brennende Augen und einen vermehrten Tränenfluss. Diese akuten Symptome treten schon 15 bis 20 Minuten nach dem Kontakt mit dem Allergen auf. Bis zu 24 Stunden ist die Spätphasenreaktion zu beobachten: Der Juckreiz und der Tränenfluss halten an, die Bindehaut ist gerötet, Fremdkörpergefühl, Lichtscheu und geschwollene Lider treten auf, was zu einer deutlichen Abnahme der Sehqualität führen kann. Hinzu kommen bei der Rhinokonjunktivitis die Beschwerden im Bereich der Nase, die nicht nur zu Niesanfällen führen: Nachts ist die Schlafqualität aufgrund der geschwollenen Schleimhäute reduziert, in der Folge fühlen sich die Menschen tagsüber müde und weniger leistungsfähig. Die Lebensqualität ist deutlich eingeschränkt, dabei werden die Beschwerden an den Augen sogar oft als gravierender empfunden als die nasalen Probleme.

    Wie kommt es zur Allergie?
    Allergien bezeichnen generell eine überschießende Abwehrreaktion des Immunsystems auf eigentlich ungefährliche Stoffe in der Umgebung. Bei der allergischen Rhinokonjunktivitis handelt es sich um eine sogenannte Typ-I-Allergie. Dabei werden in der Sensibilisierungsphase kleinste Mengen eines Allergens über die Schleimhäute in Nase und Bindehaut aufgenommen. Hier kommt es zu komplexen Reaktionen, in deren Folge spezifische Antikörper (Immunglobulin E, IgE) gegen das Allergen gebildet werden. Bei jedem folgenden Kontakt mit dem Allergen sorgen diese Antikörper nun in kürzester Zeit für eine Abwehrreaktion (z. B. Histaminausschüttung) des Körpers mit den oben beschriebenen belastenden Symptomen. 

    Untersuchungsmethoden
    Wenn Patienten in der Augenarztpraxis über ihre Beschwerden berichten, dann gilt es, möglichst genau zu erfahren, wann und unter welchen Bedingungen die Probleme auftraten, ob schon Allergien bekannt sind und ob eventuell Verwandte ebenfalls betroffen sind. Bei der Augenuntersuchung ist eine Rötung der Bindehaut zu beobachten, da die Blutgefäße erweitert sind. Zudem ist die Bindehaut angeschwollen (Chemosis) und sieht glasig aus. Lidschwellungen sind oft noch zu sehen, nachdem die anderen Befunde schon zurückgegangen sind. 
    Um festzustellen, welches Allergen die Beschwerden verursacht, ist der Pricktest der Goldstandard, er wird in der Regel von Dermatologen durchgeführt. Hierbei werden kleine Mengen möglicher Allergene auf die Haut – meist am Unterarm – aufgetragen, die dann mit einer Lanzette leicht angestochen wird, sodass die Allergene in die Haut eindringen können. Nach etwa 20 Minuten wird dann geprüft, ob eine Hautrötung zu beobachten ist und ob sich Quaddeln bilden. Wenn dieser Test negativ ist, kann man im Blutserum nach spezifischem IgE suchen. 

    Abgrenzung von anderen Krankheiten
    Nicht jede Konjunktivitis wird durch eine Allergie ausgelöst. Bei der Augenuntersuchung wird daher genau geprüft, ob andere Verursacher wie Viren, Bakterien oder Chlamydien die Krankheit ausgelöst haben oder ob die Beschwerden auf ein trockenes Auge zurückgehen. Wenn eine Allergie vorliegt, dann ist zu unterscheiden, ob eine der akuten Formen oder eine chronische allergische Konjunktivitis wie beispielsweise die atopische Keratokonjunktivitis vorliegt. Denn dann kann die Erkrankung auch die Hornhaut betreffen und das Sehvermögen nachhaltig bedrohen. Die Behandlungsstrategie muss dann entsprechend angepasst werden.

    Behandlung der akuten allergischen Konjunktivitis
    Bei einer akuten Erkrankung gilt es, die Beschwerden rasch zu lindern, den Entzündungsprozess zu kontrollieren und langfristig vorbeugend tätig zu werden, oft gemeinsam mit Ärzten anderer Fachbereiche. Zunächst wird geprüft, ob es möglich ist, dem Allergen aus dem Weg zu gehen. Eine völlige Allergenkarenz ist im Alltag jedoch selten machbar, aber mit häufigem Haarewaschen, Filtern in Klimaanlagen und einer entsprechenden Gestaltung des Umfelds (Teppiche entfernen, allergenabweisende Bettwäsche etc.) lässt sich häufig schon eine Besserung erreichen. Auch der Einsatz von Tränenersatzmitteln, mit denen Allergene aus den Augen ausgewaschen werden, kann helfen. Dabei sollten aber stets konservierungsmittelfreie Produkte zum Einsatz kommen, denn viele Konservierungsmittel können selbst Allergien auslösen.
    Verschiedene Medikamente in Augentropfen können den Patienten rasche Linderung verschaffen. Am häufigsten werden dabei Antihistaminika eingesetzt, die schnell und zielgerichtet wirken. Ihre Wirkung hält meist vier bis sechs Stunden an. Mittel- bis langfristig werden Mastzellstabilisatoren eingesetzt. Dabei sollte die Behandlung mit Mastzellstabilisatoren bei der saisonalen allergischen Rhinokonjunktivitis bereits einige Wochen vor Beginn der Allergensaison begonnen werden, damit sie ihre volle Wirkung entfalten können. Eine Doppelstrategie verfolgen Mastzellstabilisatoren mit antihistaminerger Wirkung: Sie wirken relativ schnell und nachhaltig. In schweren Fällen kann kurzzeitig auch die lokale Anwendung von Steroiden notwendig sein. Sie sorgen kurzfristig für ein Abklingen der Entzündung, doch wegen möglicher schwerer Nebenwirkungen wie dem Anstieg des Augeninnendrucks sollte ihr Einsatz nur unter augenärztlicher Kontrolle erfolgen.
    Wenn die Allergie nicht nur die Augen, sondern auch andere Organe betrifft, erhalten die Patienten Antihistaminika auch in Form von Tabletten, wodurch auch die Beschwerden an den Augen gelindert werden.
    Neben der Allergenkarenz und der medikamentösen Behandlung ist die spezifische Immuntherapie die dritte Säule der Allergietherapien. Bei der Hyposensibilisierung erhalten die Patienten unter kontrollierten Bedingungen wiederholt unterschwellige Dosen des auslösenden Allergens mit dem Ziel, die Symptome zu verringern und den Bedarf an Medikamenten zu senken. 

    Behandlung der atopischen Keratokonjunktivitis
    Während die akute allergische Konjunktivitis in der Regel gut und einfach behandelbar ist, ist die Behandlung chronischer Formen wie der atopischen Keratokonjunktivitis eine interdisziplinäre Herausforderung. Etwa zwei Prozent der Bevölkerung sind von einer atopischen Dermatitis (oft auch Neurodermitis genannt) betroffen. Bei 25 bis 43 Prozent von ihnen ist im Krankheitsverlauf auch eine Beteiligung der Augen zu beobachten. Dabei können die Haut im Umfeld der Augen, die Augenlider, die Bindehaut und sogar die Hornhaut entzündet sein. Die Entzündungen der Lider und Lidränder können zu Fehlstellungen führen, die zusätzlich Schäden an der Hornhaut verursachen. Bei Patienten mit atopischer Dermatitis ist zudem stets mit einem erhöhten Risiko für Infektionen insbesondere mit Herpesviren zu rechnen. Der chronische Verlauf und die schubweise Verschlechterung der Befunde können schwere Folgen an den Augen bis hin zur Erblindung haben. Deshalb ist es wichtig, dass die Betroffenen schon früh auch augenärztlich betreut werden. Um die Beschwerden zu lindern, die Häufigkeit der Schübe zu senken und die Sehfähigkeit zu erhalten, kommen je nach Krankheitsstadium verschiedene Therapieschemata zum Einsatz. Eine konsequente Lidrandpflege gegebenenfalls ergänzt mit immunmodulatorischen Hautcremes hilft, Entzündungen und Vernarbungen der Lider zu vermeiden. Bei der medikamentösen Therapie kommen antientzündliche Medikamente sowohl lokal als auch systemisch zum Einsatz. Nicht selten fehlt es hier an zugelassenen Medikamenten, sodass Augenärzte ihre Patienten häufig über „Off label“-Therapien aufklären müssen. In schweren Fällen sind auch chirurgische Eingriffe an den Augenlidern bis hin zur Hornhauttransplantation notwendig, um das Augenlicht der Patienten zu erhalten.

    Fazit
    Allergische Augenkrankheiten sind sehr häufig, in den allermeisten Fällen aber gut behandelbar. Nur in seltenen Fällen, vor allem bei chronischen Formen der allergischen Konjunktivitis, ist das Sehvermögen der Patienten bedroht.

    Abbildung 1: Charakteristische Rötung der Bindehaut bei mäßiger allergischer Konjunktivitis.
    Abbildung 2: Typische Rötung der Bindehaut mit starker Zeichnung der Blutgefäße bei wiederholt auftretender allergischer Konjunktivitis.
    Abbildung 3: Deutliche Schwellung der Bindehaut mit daraus folgender verminderter Gefäßzeichnung bei akuter allergischer Konjunktivitis.

    Prof. Dr. Philip Maier
    Oberarzt und Leiter der Lions Hornhautbank BW
    Universitätsaugenklinik Freiburg
    Kilianstraße 5
    79106 Freiburg
    Tel.: 0761/270 400 60
    Fax: 0761/270 964 0630
    E-Mail: philip.maier@uniklinik-freiburg.de


    Allergien am Auge: häufig und mehr als lästig
    Kurzfassung

    Allergische Augenerkrankungen sind sehr häufig, in den allermeisten Fällen jedoch gut behandelbar. Vor allem die allergische Rhinokonjunktivitis – landläufig als Heuschnupfen bezeichnet – macht vielen Menschen zu schaffen: Die Augen jucken, brennen und tränen, die Bindehaut ist rot und geschwollen. Je nachdem, welches Allergen die Allergie auslöst, tritt sie saisonal oder ganzjährig auf. 
    Schätzungen zufolge leiden bis zu 50 Prozent der europäischen Bevölkerung an einer allergischen Konjunktivitis: Das Immunsystem wehrt sich heftig gegen fremde, eigentlich ungefährliche Stoffe. In rund 90 Prozent der Fälle liegt eine saisonale Allergie vor. Bei der allergischen Rhinokonjunktivitis reagieren die Schleimhäute in Nase und Bindehaut mit einer Histaminausschüttung. Die Schleimhäute schwellen an, jucken und brennen, es kommt zu einem vermehrten Tränenfluss. Die Bindehaut wird rot und auch die Lider schwellen an.
    Nicht nur Pflanzenpollen können allergische Reaktionen in der Bindehaut hervorrufen, sondern auch Schimmelsporen, Hausstaubmilben oder Tierschuppen. Neben den akuten Erkrankungen gibt es auch chronische Verlaufsformen wie die atopische Keratokonjunktivitis bei Menschen mit Neurodermitis. Dabei kann die Hornhaut in Mitleidenschaft gezogen werden. Dauerhafte Einschränkungen des Sehvermögens sind möglich.
    In der Augenarztpraxis spielt neben der eingehenden Untersuchung der Augen auch die Suche nach dem Auslöser eine wesentliche Rolle. Deshalb gilt es, genau zu beschreiben, wann und unter welchen Bedingungen die Probleme auftraten, ob Allergien bekannt sind und ob es bei Verwandten Allergien gibt. Bei der Augenuntersuchung wird zudem genau geprüft, ob die Bindehautentzündung wirklich auf eine Allergie zurückgeht, denn auch eine Infektion mit Bakterien oder Viren kann zu einem roten Auge führen. Wenn feststeht, dass eine Allergie der Grund für die Beschwerden ist, muss unterschieden werden, ob eine akute oder eine chronische Form vorliegt.
    Bei einer akuten Erkrankung gilt es, die Beschwerden rasch zu lindern, den Entzündungsprozess zu kontrollieren und langfristig vorbeugend tätig zu werden. Die Behandlung chronischer Formen wie der atopischen Keratokonjunktivitis ist dagegen eine interdisziplinäre Herausforderung. Etwa zwei Prozent der Bevölkerung sind von einer atopischen Dermatitis (oft auch Neurodermitis genannt) betroffen. 25 bis 43 Prozent der Betroffenen weisen eine Beteiligung der Augen auf. Entzündungen der die Augen umgebenden Haut, der Lider und Lidränder können zu Fehlstellungen führen, die die Hornhaut schädigen. Zudem besteht ein erhöhtes Risiko für Infektionen insbesondere mit Herpesviren. Hier gilt es, individuell zugeschnittene Therapieschemata zu entwickeln. Eine konsequente Lidrandpflege kann helfen, Entzündungen und Vernarbungen der Lider zu vermeiden. Antientzündliche Medikamente, die sowohl lokal als auch systemisch eingesetzt werden, können sinnvoll sein. Jedoch fehlt es an zugelassenen Medikamenten, sodass Augenärzte ihre Patienten häufig über „Off label“-Therapien aufklären müssen. In schweren Fällen sind auch chirurgische Eingriffe bis hin zur Hornhauttransplantation notwendig, um das Augenlicht der Patienten zu erhalten.


    BVA-Medienpreis 2020

    Laudatio 

    für Volker Wasmuth und Patrick Zeilhofer

    Der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e.V. verleiht den Medienpreis 2020 an Volker Wasmuth und Patrick Zeilhofer. Die beiden Filmautoren haben mit der ZDF-Dokumentation „Gesunde Augen – klarer Blick“ in 45 Minuten zusammengefasst, womit Augenärzte in Deutschland und weltweit tagtäglich konfrontiert sind: Die Dokumentarfilmer fragten nach, weshalb Kinder kurzsichtig werden und was sich dagegen unternehmen lässt, sie begleiteten aber auch einen Patienten bei einer lamellären Keratoplastik in den OP. Sie zeigten, wie sich die feuchte AMD heute behandeln lässt und welche Forschungen in Deutschland laufen, um die Makuladegeneration mit Hilfe von Stammzellen in den Griff zu bekommen. Der Film erläutert, wie bei einer Kataraktoperation in Deutschland heute mit modernen Techniken zugleich eine Fehlsichtigkeit ausgeglichen wird. Das Team reiste sogar nach Ruanda, um zu beobachten, wie augenärztliche Teams im Auftrag der Christoffel Blindenmission dort Menschen vom Grauen Star heilen.

    Die beiden erfahrenen Dokumentarfilmer erstellen seit dem Jahr 2016 gemeinsam Reportagen und Dokumentationen unter anderem für die Sender ZDF, ZDFinfo, 3sat und ARTE. Volker Wasmuth leitet die Kölner Produktionsfirma „Blue moon media GmbH“ und arbeitet als Autor und internationaler TV-Consultant. Er war Chefredakteur und Nachrichtenchef des Senders ntv und er hat das RTL Nachtjournal entwickelt und geleitet. Patrick Zeilhofer führt die Münchner Produktionsfirma „Die Medienmacher“. Er war unter anderem Redaktionsleiter des RTL Mittagsmagazins „Punkt 12“, Chefredakteur bei RTL interactive und Geschäftsführer bei Sport 1.

    Das Autoren-Duo befasst sich mit einer großen Bandbreite an Themen – neben Gesundheitsthemen kommen in den Dokumentationen des Teams die „Blockchain-Revolution“ zur Sprache, neue Wege aus dem Verkehrskollaps von der Seilbahn bis zum Flugtaxi oder auch die unterschätzten Gefahren, die von Talsperren ausgehen. 
    In ihrem Film „Gesunde Augen, klarer Blick – Neue Therapien erhalten die Sehkraft“ haben Volker Wasmuth und Patrick Zeilhofer in einer Dreiviertelstunde mit starken Bildern ganz verschiedene Aspekte der modernen Augenheilkunde angesprochen und dabei einfühlsam dargestellt, welche Bedeutung Augenerkrankungen für die Betroffenen haben und welchen Gewinn an Lebensqualität eine erfolgreiche Behandlung für sie bringt. Dieser Film ist ein ausgesprochen wertvoller Beitrag zur Information und Aufklärung der Öffentlichkeit auf dem Gebiet der Augenheilkunde.

    Dr. Peter Heinz, 
    1. Vorsitzender des Berufsverbandes der Augenärzte e.V.